28 Jahre nach Schussverletzung

Praxis-Depesche 7/2016

Dieser Lungenherd war kein Karzinom

Eine 62-jährige Patientin stellte sich mit zunehmender Dyspnoe in der Notaufnahme vor. Sie war mit 40 „pack years“ eine starke Raucherin, und in der Thoraxübersichtsaufnahme sah man mehrere Rundherde. Trotz des naheliegenden Verdachts auf ein Bronchialkarzinom führte die frühere Schussverletzung zur korrekten Diagnose.

Die Rundherde stellten sich im Röntgen- Thorax links basal, dem Diaphragma aufsitzend dar. Ansonsten war die Aufnahme unauffällig, abgesehen von einem Emphysem und einer thorakalen Skoliose. In der mit dem Verdacht auf Bronchialkarzinom durchgeführten Computertomographie des Thorax und des Abdomens sah man die Rundherde als mehrere linksdiaphragmal basal sitzende Knoten. Allerdings sah man auch einen linksseitigen Diaphragmadefekt und Knoten im Bereich des Milzlagers bei Zustand nach Splenektomie.
Die Patientin berichtete daraufhin von einer Schussverletzung vor 28 Jahren, bei der sie linksthorakoabdominal verwundet worden war und die auch ihre Leber, das Diaphragma und die Milz in Mitleidenschaft gezogen hatte. Damals war sie laparotomiert und splenektomiert worden. Nun hatte man einen ganz anderen Verdacht, woher die Knoten in der Lunge und im Milzbett kommen könnten, und führte eine Tc-99m-Szintigraphie durch. Die nuklearmedizinische Untersuchung bestätigte den Verdacht einer Splenose mit in Thorax und ehemaligem Milzlager verschleppten Milzherden.
Eine Splenose entsteht typischerweise nach Milztrauma mit Ruptur, Milzverletzung bei OP oder nach elektiver Splenektomie. CB
Quelle:

Mpe M, Schauer C: Splenosis mimicking cancer. N Engl J Med 2016; 374:20

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