Entzündungen"

Praxis-Depesche 12/2016

Gesundheitsgefährdung durch E-Zigaretten

E-Zigaretten erfreuen sich einer zunehmenden Beliebtheit – insbesondere bei Jugendlichen. Über die gesundheitlichen Auswirkungen ist aber noch nicht viel bekannt. Zudem gibt es zahlreiche verschiedene E-Stängel und Liquids, was eine systematische Auswertung erschwert. Es liegen zahlreiche Hinweise aus Tiermodellen vor, dass Lungengewebe auf die Inhalation der Aerosole mit Entzündungen reagiert. Und auch die Geräte selbst können sich entzünden und explodieren, und so zu schweren Verletzungen führen.

Der Prozess, bei dem in E-Zigaretten das einzuatmende Aerosol entsteht, ist ein völlig anderer als beim Verbrennen von Tabak in herkömmlichen Zigaretten. Eine „Liquid“ genannte Flüssigkeit wird an einer Heizspirale verdampft, und das so entstehende Aerosol inhaliert. Liquids bestehen aus einem Lösungsmittel (z. B. pflanzliches Glycerin oder Propylenglycol), Geschmacksstoffen und meistens Nikotin. Bei Nikotin- haltigen E-Zigaretten wird bereits nach fünf Minuten ein Höchstspiegel Nikotin im Blut erreicht.
 
Einstiegs- oder Ausstiegs-„Droge“?
 
Einer US-Studie zufolge haben ein Drittel der E-Zigaretten-Dampfer noch nie zuvor Tabakzigaretten geraucht. Der Wunsch, vom Tabak loszukommen, ist also selten der Grund, zur E-Zigarette zu greifen. Generell gibt es keine validen Daten, dass die E-Zigarette ein geeignetes Mittel darstellt, um von Tabak- und Nikotinsucht loszukommen (im Unterschied zu anderen, etablierten Entwöhnungsmethoden). Die größte diesbezügliche Studie untersuchte über 600 Raucher, die entweder mit Nikotin-E-Zigaretten, mit Nikotinpflastern oder mit E-Zigaretten ohne Nikotin eine Entwöhnung versuchten. Die Erfolgsquoten lagen bei 7,3%, 5,8% und 4,1% und waren nicht signifikant unterschiedlich. Etwa ein Drittel der Teilnehmer verwendeten nach sechs Monaten Tabak- und E-Zigaretten.
Einer anderen Studie zufolge leiden E-Zigaretten- Benutzer im übrigen häufiger unter Angststörungen und Depressionen. Aktuelle Daten zeigen, dass bei High-School-Teenagern das Risiko, später Tabakzigaretten zu rauchen, mit der vorherigen Verwendung von E-Stängeln steigt.
 
Nachweisbare Lungenreaktionen
 
Viele der Geschmacksstoffe, die sich in den verdampften Liquids finden lassen, sind als Nahrungszusatzstoffe zur oralen Ingestion zugelassen – aber nicht zur Inhalation. Über die Langzeitsicherheit der Inhalation dieser Substanzen gibt es beim Menschen keine Daten. Bei Nagern allerdings fand man nach Glycerolinhalation lokalisierte niedrig-gradige Plattenepithel-Metaplasien der oberen Atemwege. Die Dosierungen in dieser Untersuchung waren aber kaum mit denen beim regulären E-Zigaretten-Gebrauch vergleichbar. Dennoch, in zahlreichen Untersuchungen konnte man im Tierversuch nachweisen, dass die E-Zigaretten-Inhalation zu erhöhtem oxidativen Stress im Lungengewebe, sowie zu Entzündungsreaktionen und Akkumulation von proinflammatorischen Zytokinen führt.
Die Liquid-Inhaltsstoffe, die man z. B. gaschromatographisch fand, lagen nur in sehr geringen Konzentrationen vor, die in Nahrungsmitteln oder Medikamenten als unbedenklich gelten. Bei einigen Produkten wurden allerdings auch besorgniserregende Level nachgewiesen. Neben Ethylenglycol, welches generell nicht zum Verzehr zugelassen ist, findet man im Vaporat auch regelmäßig Aldehyde (z. B. Formaldehyd), deren gesundheitsschädigende Wirkung hinreichend bekannt ist.
 
Verletzungsgefahren
 
Eine weitere, neue Dimension der Gesundheitsgefährdung durch E-Zigaretten ist technischer Natur. Es häufen sich Berichte von Geräten, die sich von alleine entzünden oder deren Batterien explodieren. Dabei können schwere Verletzungen im Gesichtsbereich die Folge sein (siehe Abbildung). Mittlerweile finden sich in den USA bereits Anwaltskanzleien, die sich auf die Vertretung von E-Zigaretten-Brandopfern spezialisiert haben und offensiv um diese Klientel werben – ein untrügliches Anzeichen, dass diese Problematik schon lange kein Nischenthema mehr darstellt. CB
Quelle:

Dinakar C, O’Connor GT: The health effects of electronic cigarettes. N Engl J Med 2016; 375: 1372- 81;

Meernik C et al.: Burns from e-cigarettes and other electronic nicotine delivery systems. BMJ 2016; 354: i5024

ICD-Codes: F17.2

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