DÖSGHO schaut bei Jahrestagung über den Tellerrand

Praxis-Depesche 12/2016

Influenza-Impfung – Neue Leitlinie zur Ernährung von Krebspatienten

Die Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DÖSGHO) ist im wesentlichen ein Fortbildungskongress mit Blick über den Tellerrand. So wurden in der Sitzung mit den „besten Abstracts“ u. a. Studien zur Influenza bei Krebspatienten und zur Einweisung auf die Intensivstation nach Stammzelltransplantation thematisiert. Ein Vortrag war der Ernährungsmedizin in der Onkologie gewidmet, zu der sich praktische Tipps in der aktuellen S3-Leitlinie finden.

In der Winterzeit treten in Deutschland bekanntermaßen vermehrt Influenza-Fälle auf. Diese können für morbide Krebspatienten eine ernsthafte Gefahr darstellen. In einer Analyse der Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der DGHO wurden Infektionen mit Influenza bei Patienten mit maligner Grunderkrankung an acht Universitätskliniken von November 2014 bis Juni 2015 retrospektiv erfasst.
 
Soziales Umfeld von Krebspatienten gegen Influenza impfen
 
Die Datenerfassung erfolgte nach Aktenlage und wurde teilweise mit telefonischen Interviews oder Nachfragen ergänzt. Insgesamt wurden 203 Patienten mit einem medianen Alter von 61 Jahren in die Analyse aufgenommen. 55% der Patienten hatten eine aktive maligne Erkrankung, 52% waren Stammzell-transplantiert. Bei dem Erreger handelte es sich häufiger um die Influenza A als die Influenza B. 18% der Patienten hatten eine Superinfektion, 13% kamen auf die Intensivstation und 9% der Patienten verstarben an der Infektion.
Für die Praxis zogen die Autoren das Fazit, dass eine zeitnahe spezifische Diagnostik erforderlich ist, um Superinfektionen schnell zu erkennen und zu behandeln. Aufgrund der hohen Letalität sei der Prävention ein hoher Stellenwert zuzuweisen. So stelle bereits der Schutz der Krebspatienten durch die Influenza-Impfung des sozialen Umfelds einen großen Schritt in die richtige Richtung dar.
 
Bedeutung der Intensivstation bei Stammzelltransplantationen
 
In der Behandlung von Patienten mit Stammzelltransplantation und Versagen mehrerer Organsysteme kam es zum Paradigmenwechsel von „keiner prolongierten Intensivtherapie bei ≥2 Organversagen“ zur „maximalen Intensivtherapie aller KMT-Patienten, mit Ausnahme beatmungspflichtiger Patienten mit schwerer GvHD.“ In einer retrospektiven Studie wurde eine univariate Analyse des Kurz- bzw. Langzeitüberlebens kritisch kranker allo-HSCT-Patienten durchgeführt, um Veränderungen über die Zeit zu identifizieren (Lück C). Es konnten 117 Patienten, die zwischen den Jahren 2000 und 2006 behandelt wurden, sowie 183 Patienten, die zwischen 2007 und 2013 behandelt wurden, ausgewertet werden. Gründe für die Aufnahme auf eine Intensivstation waren bei 35% der Patienten respiratorische Komplikationen, 23% der Patienten wurden aufgrund einer Sepsis aufgenommen und bei 18% wurden kardiale Gründe angegeben. Nur 3% der Patienten wurden aufgrund einer GvHD auf die Intensivstation verlegt. Insgesamt war das Gesamtüberleben nach Aufnahme auf die Intensivstation verkürzt gegenüber Patienten, die nicht auf die Intensivstation verlegt wurden. Bei kardialen Ereignissen war das Kurzzeitüberleben auf der Intensivstation dem der normalen Station überlegen. Die 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten, die nach Stammzelltransplantation auf die Intensivstation eingewiesen wurden, betrug 15,8%. Im zeitlichen Verlauf haben sich das Kurz- wie auch das Langzeitüberleben der Patienten dennoch deutlich verbessert. Von Einfluss waren wahrscheinlich Fortschritte in der Intensivmedizin, eine bessere Patientenselektion und eine geringere Therapie- assoziierte Toxizität.
 
Praktische Empfehlungen zur Ernährung Krebskranker
 
Die neue Version der S3-Leitlinie zur klinischen Ernährung in der Onkologie liefert insgesamt 49 Empfehlungen. Für das Screening auf Mangelernährung und das Assessment von Ernährungssituation, Leistung und Stoffwechsel sollten wie für die Ernährungstherapie und das Monitoring onkologischer Patienten in jeder Institution verbindliche Regeln und personelle Zuständigkeiten festgelegt sein, heißt es in der Leitlinie. Dabei bietet die Leitlinie konkrete Empfehlungen. Für das Screening auf Mangelernährung werden zum Beispiel als validierte und international etablierte Instrumente die Fragebögen NRS- 2002 und MUST angeführt. Hilfestellung gibt die Leitlinie auch mit sehr praktischen Empfehlungen, wie der Berechnung des Energiebedarfs oder der Art der Zusammensetzung von Zusatznahrung (erst Trinknahrung, dann enteral, dann parenteral). Zudem nimmt die Leitlinie Stellung zu pharmakologischen Situationen, insbesondere bei häufig diskutierten Zuständen wie der Appetitlosigkeit oder der Tumorkachexie. Die Leitlinie kann Hilfe in komplexen Situationen geben, z. B. bei der parenteralen Ernährung zu Hause oder in der Sterbephase. Ein Nebeneffekt der aktualisierten Leitlinie sei außerdem, so hörte man auf einem Vortrag auf dem DÖSGHO, dass im Gespräch über finanzielle und personelle Ressourcen und Investitionen in Bezug auf die Ernährungsmedizin die Leitlinie als Grundlage verwendet werden kann. Abrufbar ist die S3- Leitlinie auf der DGEM-Homepage oder unter www.awmf.org. IS

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