An der Harvard Medical School, Boston, hatte man es mit einem Jungen zu tun, bei dem die Eltern schon 18 Monate vorher eine Gewebevermehrung unter der rechten Brustwarze festgestellt hatten. Sie war in letzter Zeit größer geworden. Es bestand kein Ausfluss. Am Mons pubis bemerkte man eine feine Behaarung, ebenso an den Axillen. Die übrigen körperlichen Befunde waren normal. Die Sonographie zeigte retroareolär eine scharf umschriebene, mobile Raumforderung. Der Farbdoppler sprach für eher schwache Durchblutung. Kriterien eines aggressiven Tumors fanden sich nicht.
Eine der Differenzialdiagnosen war Gynäkomastie. Bei Pseudogynäkomastie handelt es sich um Ansammlung von Fettgewebe, üblicherweise bilateral. Sie kam bei dem schlanken Knaben nicht infrage. Bei echter Gynäkomastie vermehrt sich Drüsengewebe unter hormonellen Einflüssen. Außerdem gibt es noch gutartige Veränderungen, meist verbunden mit Ausfluss aus der Brustwarze.
Obwohl extrem selten (0,1 bis 0,3% der Fälle von Brustkrebs), war die Diagnose „Mammakarzinom“ am naheliegendsten. Man nahm eine Exzisionsbiopsie vor. Die Haut erschien nicht infiltriert. Lymphknoten ließen sich nicht tasten. Die Histologie der Biopsie zeigte ein mäßig differenziertes invasives duktales Karzinom des seltenen sekretorischen Typs.
Da die Ränder der Biopsie nicht tumorfrei waren, musste weiter chirurgisch vorgegangen werden (einfache Mastektomie). Eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie war negativ. Da diese Art von Brustkrebs eine relativ günstige Prognose hat, konnte man auf eine adjuvante Therapie verzichten. WE
Mammakarzinom
Praxis-Depesche 11/2016
Rarität bei einem Knaben
Dass bei Männern Brustkrebs vorkommt, ist einigermaßen bekannt. Bei einem achtjährigen Jungen ist eine solche Diagnose allerdings eine ausgesprochene Rarität.
Quelle:
Misra M et al.: Case 12-2016: An 8-year-old boy with an enlarging mass in the right breast. N Engl J Med 2016; 374: 1565-74