Zuverlässig auch im Ohr?

Praxis-Depesche 14/2000

Rektale vs. Ohr-Temperaturmessung bei Senioren

Temperaturmessung im Ohr mittels Infrarot-Detektion (IRED) ist einfacher zu handhaben als die konventionelle rektale Messung und vermeidet einen Schleimhautkontakt mit dem Messgerät. Diesen praktischen Vorteilen stehen widersprüchliche Studienergebnisse über die Zuverlässigkeit der Methode gegenüber.

In einer belgischen Studie wurde an 45 stationären Patienten (im Schnitt 78 Jahre alt) vergleichende Messungen der rektalen Temperatur (Quecksilber-Glasthermometer) und der Infrarot-Ohrmessung vorgenommen. Diese wurde an beiden Ohren durchgeführt; der höchste von sechs Werten wurde zur Auswertung herangezogen. Die rektal gemessene Temperatur war signifikant (um 0,5 °C) höher als die der Ohr-Messung (37,4 vs. 36,9 °C). Zwischen den einzelnen Wertepaaren bestand eine signifikante Korrelation. Allerdings wurde bei drei der 45 Patienten eine um mehr als 1 °C unterschiedliche Temperatur gemessen; bei einem klar febrilen, dehydrierten Mann ergab sich sogar ein Unterschied von 1,6 Grad. Als Fieber definierten die Autoren eine Rektaltemperatur ab 37,6 °C. Legt man die für die Infrarot-Messung ideale Fieberschwelle von 37,2 °C zugrunde, errechneten sie für die Methode eine Sensitivität von 86% und eine Spezifität von 89% zur Erkennung von rektal gemessenem Fieber. Die errechneten Sensitivitäten und Spezifitäten der Infrarot-Temperaturmessung im Ohr zur Erkennung von Fieber sind akzeptabel. Allerdings entsprach das Vorgehen in der Studie nicht der Alltagsroutine; auch wurden keine hypothermen oder hochfieberhaften Patienten in die Untersuchung einbezogen. (Ko)

Quelle: Smitz, S: Comparison of rectal and infrared ear temperaturs in older hospital inpatients, Zeitschrift: JOURNAL OF THE AMERICAN GERIATRICS SOCIETY, Ausgabe 48 (2000), Seiten: 63-66

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