Swyer-James-Macleod-Syndrom

Praxis-Depesche 8/2016

Selten, aber oft als Asthma getarnt

Ein Fünfjähriger mit bekanntem Asthma wurde in der Notaufnahme vorstellig, da er seit einem Tag an Atemgeräuschen mit posttussivem Erbrechen und Brustenge litt und die übliche Salbutamol-Medikation nichts half. Was auf den ersten Blick aussah wie eine Asthma-Exazerbation, entpuppte sich als ein seltenes Syndrom.

Bei seiner Vorstellung wies der Junge eine mittelstarke Atemnot mit stark eingeschränktem Lufteintritt und bilateral exspiratorischen Atemgeräuschen auf. Blutbild, Stoffwechselprofil und alle weiteren Untersuchungen waren unauffällig. Erst im Röntgen zeigte sich rechtsseitig eine deutliche Lungenparenchymrarifizierung mit peri hilärer Gewebeverdichtung und vernarbten Bereichen und Atelektasen. Die Zeichen ließen auf eine frühere postinfektiöse Bronchiolitis obliterans schließen. Nachdem die gleichen Anzeichen auf einem zuvor aufgenommenem Röntgenbild bestätigt wurden, wurde die Diagnose Swyer-James-Mcleoud-Syndrom gestellt (SJMS).
Bei diesem sehr seltenen Syndrom (auch „Syndrom der einseitig hellen Lunge“) kommt es infolge einer meist bereits in der Kindheit erworbenen pulmonalen Infektion zu einem Verlust der Lungengefäße und zu einer obliterierenden Bronchiolitis. Zu den ausschlaggebenden Diagnosekriterien gehören neben dem unilateralen Verlust an Lungengewebe mit übermäßiger Transparenz im Röntgen eine unilateral verminderte Gefäßzeichnung im CT oder ein unilateraler Perfusionsverlust im Tc99m-Lungenszinti (mindestens eines der drei Kriterien muss zutreffen). Zu den Differenzialdiagnosen zählen u. a. Mastektomie, Pneumothorax, Pleuraeffusion, mediastinale Fibrose. Meist wird die Diagnose erst spät gestellt, wenn ernste Symptome zu einer Bildgebung veranlassen. Häufig wird das Swyer-James-Mcleod-Syndrom auch irrtümlicherweise als Asthma diagnostiziert.
Im Regelfall erfolgt die Behandlung mit Physiotherapie, niedrigdosierten inhalativen Kortikosteroiden und Bronchodilatatoren. Der fünfjährige Patient wurde mit systemischen Steroiden und Bronchodilatatoren behandelt und entlassen, nachdem sich sein Zustand stabilisert hatte. OH
Quelle:

Chaucer B et al.: Swyer-James-Macleod syndrome: a rare finding and important differential in the ED setting. Am J Emerg Med 2016; 34: 1329.e3-4

ICD-Codes: J43.0

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