Pneumonie-Risiko im Alter

Praxis-Depesche 1/2016

Vorsicht mit Anticholinergika

Als Mittel gegen Inkontinenz, Depressionen, Schmerzen oder Insomnie werden Anticholinergika sehr häufig bei Patienten in höherem Alter eingesetzt. Es besteht jedoch Pneumonie-Risiko.

Mittels einer Gesundheitsdatenbank in Washington identifizierten Forscher über 1000 Patienten im Alter zwischen 65 und 94, die im Zeitraum 2001 bis 2003 ambulant eine Pneumonie erworben hatten. Unter Berücksichtigung ihrer eingelösten Rezepte für Anticholinergika verglich man ihre Daten mit jenen von ca. 2000 altersgleichen Kontrollpatienten ohne Pneumonie.
Fast 65% aller Teilnehmer hatten im letzten Jahr mindestens einmal ein Rezept für ein Anticholinergikum eingelöst. Im Schnitt kamen auf jeden Teilnehmer vier Rezepte. In je 20% der Fälle wurden schmerzlindernde, gastrointestinale oder antidepressive Substanzen ausgegeben. 43% der Pneumonie-Patienten erhielten im Zeitraum von 90 Tagen vor Diagnose mindestens ein Anticholinergikum (akuter Einsatz). Über 80% von ihnen nahmen die Wirkstoffe auch dauerhaft ein (≥3 eingelöste Verschreibungen im Jahr vor der Diagnose).
Sowohl der akute als auch dauerhafte Gebrauch von Anticholinergika erhöhte das Pneumonierisiko um mehr als das Zweifache (OR 2,55; 95% KI 2,08 - 3,13 bzw. OR 2,07; 95% KI 1,68 - 2,54). Die Zusammenhänge blieben auch unter Berücksichtigung verschiedener Komorbiditäten und in Subanalysen unter Ausschluss von anticholinergischen Opiaten bestehen.
Wer im Jahr vor Erkrankung, aber nicht im akuten Zeitraum, Anticholinergika eingenommen hatte, trug kein signifikant höheres Risiko (OR 1,19). Es besteht daher vor allem eine akute Gefahr für Pneumonien, die es vor Verschreibung von anticholinergischen Medikamenten abzuwägen gilt. OH
Quelle:

Paul KJ et al.: Anticholinergic medications and risk of community-acquired pneumonia in elderly adults: a population-based case-control study. J Am Geriatr Soc 2015; 63(3): 476-85

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