Kriegsführung und Diagnosefehler

Praxis-Depesche 6/2017

Was Ärzte vom Kalten Krieg lernen können

Als 1940 bis 1990 zwischen den USA und der UdSSR der Kalte Krieg tobte, gab es hin und wieder Situationen, in welchen er beinahe eskalierte. Das berühmteste Beispiel ist das NATO-Manöver „Able Archer“, bei welchem eine Reihe falscher Annahmen fast zum Kriegsausbruch führten. Beim Stellen von Diagnosen verhält es sich oft ähnlich.

Im Grunde war die Operation „Able Archer“ im Jahr 1983 nur ein Standardmanöver des US-Militärs. Der größte Fehler der US-Amerikaner war es dabei allerdings, den sich zuspitzenden Zustand (u. a. durch „Kommunikationsprobleme“) zwischen der USA und der UdSSR nicht in ihrer Analyse zu berücksichtigen. Auf Seiten der UdSSR machte man den Fehler, sich zu sehr auf den technologischen Fortschritt zu verlassen. Nur knapp konnte eine Eskalation verhindert werden.
Seit Able Archer wird an Strategien geforscht, mit welchen sich derartige Eskalationsketten vermeiden lassen. Viele dieser Punkte sind auch für die klinische Entscheidungsfindung relevant:
  • Eine vergleichende Risikobewertung hilft, sich die möglichen Folgen einer Fehlannahme bewusst zu machen.
  • In bestimmten Situationen sollte man bewusst vom schnellen intuitiven Fällen von Entscheidungen auf ein bewussteres Abwägen der Situation übergehen. Dabei kann hilfreich sein, die Situation mit Abstand zu betrachten.
  • Der modernen Technologie sollte man nicht blind vertrauen.
  • Teamarbeit erleichtert das ausführliche Abwägen schwieriger Fälle oder vergangene Fehlentscheidungen. OH
Quelle:

Vaughn VM et al.: War games and diagnostic errors. BMJ 2016; 355: i6342

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