Praxis-Depesche 10/2005

Abduzensparese nach Leitungsanästhesie

Auch wenn die Aspiration bei einer Lidocain-Injektion blutfrei ist, kann das Lokalanästhetikum einen Weg nehmen, der zur Ophthalmoplegie führt.

Ein 29-jähriger Mann wurde nach einem Skiunfall in der Zahnklinik untersucht, da er über Schmerzen und Temperaturempfindlichkeit am zweiten Prämolaren unten rechts klagte. Da die Zahnhöckerfraktur gravierend war, sollte der Zahn entfernt werden. Bei der Lidocain-Anästhesie verspürte der Patient einen kurzen, stechenden Schmerz in der rechten Unterlippe. Nach fünf Minuten, als die Spritze wirkte, traten plötzlich Doppelbilder auf. Der Zahnarzt bemerkte abweichende Augenbewegungen und brachte den Mann in die Notaufnahme. Bei früheren Zahneingriffen hatte es nie Komplikationen gegeben. Mit Ausnahme der Unfähigkeit, das rechte Auge zu abduzieren, fielen alle anderen Bewegungen und die Prüfung der übrigen Hirnnerven normal aus. Ein Horner-Syndrom war nicht vorhanden. Binnen einer Stunde verschwanden Taubheitsgefühl und Doppelbilder ohne Folgen. Eine Ophthalmoplegie nach Injektion eines Lokalanästhetikums bei Zahnbehandlungen wurde schon mehrfach beschrieben; sie manifestiert sich meist als Abduzensparese wie in diesem Fall. In der Regel geht sie mit dem Abklingen der Lidocain-Wirkung zurück. Verzögert sich die Normalisierung, muss sofort neuroophthalmologisch abgeklärt werden. (EH)

Quelle: Walker, M: Dental diplopia with transient abducens palsy, Zeitschrift: NEUROLOGY, Ausgabe 63 (2004), Seiten: 2449-2450

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