Auch ambulant relevant

Praxis-Depesche 10/2014

Abszessbehandlung in MRSA-Zeiten

Oberflächliche Abszesse an Extremitäten und Rumpf sind in der Niedergelassenen-Praxis häufig. Mittlerweile findet man auch ambulant immer häufiger MRSA-Abszesse. Hier einige Tipps zum Umgang damit.

PRAXIS-TIPP

Empirische orale Antibiose bei erwachsenen Risikopatienten mit Verdacht auf MRSA-Abszess:

  • Trimethoprim/Sulfamethoxazol (eine oder zwei Doppel-Dosen) 160 mg/800 mg 2x tgl., oder
  • Clindamycin 300-450 mg 3x tgl., oder Doxycyclin 100 mg 2x tgl., oder
  • Minocyclin 200 mg initial, danach 100 mg alle 12 Std.
  Singer AJ, Talan DA. Ebd. 1044 (Fachinformationen beachten!)

Eine Studie an Erwachsenen zeigte, dass bei 56% der Patienten mit Abszess-Verdacht nach dem Ultraschall die eigentlich geplante Therapie nochmal geändert wurde. Bei Kindern betrug die „Diagnose-Konversionsrate“14%. Die Inzision und Drainage ist das Mittel der Wahl, denn mit ihr erreicht man in 80% der Fälle eine Restitutio, im Vergleich zu nur 26% bei der alleinigen Punktion. Besonders bei Kindern können zwei (weniger schmerzhafte) Stichinzisionen mit durchgezogenem Drainage-Loop die komplette Inzision ersetzen. Ein primärer Wundverschluss scheint häufig möglich, denn bei verkürzter Wundheilungszeit konnten Studien für die Primärnaht versus offener Behandlung vergleichbare Rezidivraten nachweisen. Sogar bei MRSA-Besiedelung waren beide Verfahren ebenbürtig. 63% aller Abszesse waren in einer US-Studie von einem ambulant erworbenen MRSA verursacht. Empfohlen wird die Antibiose bei besonders schwerem Verlauf (z. B. multilokuläres Auftreten, begleitende Entzündung weiterer Gewebe, systemische Symptome, Immunsuppression, sehr junges oder sehr hohes Alter; vgl. Kasten „Praxis-Tipp“). Eine antibiotische Prophylaxe vor der Abszesseröffnung zur Bakteriämievermeidung wird analog der Richtlinien für Zahneingriffe empfohlen. Wenn Patienten von rezidivierenden MRSA-Abszessen betroffen sind, sollte über eine Dekolonisation des Index-Patienten und dessen familiären Umfeldes nachgedacht werden. CB

Quelle:

Singer AJ, Talan DA: Management of skin abscesses in the era of methicillin-resistant staphylococcus aureus. N Engl J Med 2014; 370: 1039-47

ICD-Codes: L02.2

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