Orphan Drug Status

Praxis-Depesche 21/2004

Acetylsalicylsäure bei Polycythaemia vera

Die Polycythaemia vera ist eine seltene, lebensbedrohliche myeloproliferative Erkrankung, bei der die Blutzellen massiv vermehrt sind. Thrombotische Komplikationen können sich bei unbehandelten Patienten frühzeitig als Herzinfarkt oder Schlaganfall manifestieren; gleichzeitig besteht eine erhöhte Blutungsneigung. - In einer italienischen Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Acetylsalicylsäure bei dieser Erkrankung untersucht.

Für die Gefäßverschlüsse wird die dauerhaft erhöhte Produktion von Thromboxan A2 verantwortlich gemacht. Die derzeitige Basistherapie besteht aus Aderlass und Chemotherapie, um die Zellzahl zu reduzieren. Die Rolle von ASS bei Polycythaemia vera war lange Zeit umstritten. Nachdem eine kleinere Studie aus den achtziger Jahren mit hohen Dosen (900 mg/d) ein nicht akzeptables Blutungsrisiko zeigte, ergab eine Pilotstudie aus den neunziger Jahren mit 40 mg/d eine vollständige Hemmung der Thromboxan-A2-Synthese ohne erhöhte Blutungsneigung. Dies war der Anlass für die Durchführung der ECLAP-Studie (Efficacy and Safety of Low Dose Aspirin in Polycythaemia vera). 518 Patienten erhielten zusätzlich zu ihrer bisherigen Therapie über im Mittel drei Jahre entweder 100 mg/d magensaftresistente ASS oder Plazebo. Es zeigte sich ein sehr gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis: In der ASS-Gruppe war das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall um 50 bis 60% vermindert. Die gastrointestinale Verträglichkeit war in beiden Gruppen vergleichbar. Aufgrund dieser Ergebnisse erhielt der Wirkstoff die Einstufung als Orphan Drug zur Behandlung der Polycythaemia vera. (MW)

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