Das lange Zeit gültige Dogma, dass Patient:innen eine angefangene Antibiotikatherapie immer zu Ende bringen müssen, gilt heute als überholt. Die positive Korrelation zwischen der Dauer einer Antibiotika-Einnahme und der Entstehung antimikrobieller Resistenzen wurde durch zahlreiche Studien belegt. Ein Forschungsteam befragte spanische Allgemeinärzt:innen zum Umgang mit einem vorzeitigen Absetzen unnötiger Antibiotikatherapien in der Praxis.
Von den 1.107 befragten Ärzt:innen gaben 75 % an, mind. einmal pro Monat einen Patienten bzw. eine Patientin zu betreuen, dem bzw. der unnötigerweise Antibiotika verordnet wurde. 92,5 % der Befragten erklärten, Patient:innen bereits mindestens einmal ein Absetzen des Antibiotikums empfohlen zu haben.
Eine Frage der Indikation
Die klinische Grunderkrankung spielte für diese Entscheidung eine wesentliche Rolle: Vor allem bei vermuteten viralen Infekten, wie z. B. einer gewöhnlichen Erkältung (97,6 %) und Influenza (93,5 %), rieten Ärzt:innen eher zu einem vorzeitigen Absetzen. Wesentlich weniger Befragte empfahlen ein frühes Einstellen der Antibiotikatherapie bei Tonsillitis (26,5 %), odontogenen Infektionen (19,3 %) oder akuter Bronchitis (45,5 %). Nur eine Minderheit der Ärzt:innen (12,1 %) erachtete den Antibiose-Stopp als gesundheitsschädlich für die Patient:innen. Die Mehrheit war der Überzeugung, dass kein Anstieg an Komplikationen und Krankenhauseinweisungen zu befürchten war und 93 % befürworteten die Aufnahme der vorzeitigen Absetzstrategie in klinische Leitlinien. Nur 52,3 % der Befragten gaben an, zum Absetzen des Antibiotikums zu raten, wenn das Medikament durch einen anderen Arzt bzw. eine andere Ärztin verordnet worden war, sie es aber selbst als unnötig einschätzten. Hier war der Prozentanteil der über 60-Jährigen signifikant höher als unter den jüngeren Ärzt:innen (64,5 % vs. 50 %). Nichtsdestotrotz schätzten es nur 14,9 % als unethisch ein, eine von einem Kollegen bzw. einer Kollegin verordnete Antibiotikakur zu stoppen.
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