Blutdrucksenkung als Diabetesprävention

Praxis-Depesche 3/2022

ARB und ACEi senken auch das Diabetesrisiko

Durch eine Blutdrucksenkung lassen sich offenbar nicht nur vaskuläre Komplikationen bei einer bereits bestehenden Diabetes-Erkrankung reduzieren: In einer großen Metaanalyse sank unter einer hypertensiven Therapie auch das Risiko einer Neumanifestation von Typ-2-Diabetes. Der Effekt war allerdings abhängig von der Art des eingesetzten Antihypertensivums.
Schon 2015 hatte eine Metaanalyse mehrerer Kohortenstudien gezeigt, dass jede Steigerung des systolischen Blutdrucks um 20 mm Hg mit einem um 77 % höheren Typ-2-Diabetes-Risiko verbunden ist. Ob es sich um einen kausalen Zusammenhang handelt, war bisher aber unklar, weil die ausgewerteten Studien ausschließlich beobachtender Natur waren. Auch die bisherigen Belege aus randomisiert-kontrollierten Studien sowie Untersuchungen mit Mendelscher Randomisierung sind aufgrund ihres Designs nur begrenzt aussagekräftig.
Um die Evidenzlücke zu schließen, wurde nun eine etwas andere Form der Metaanalyse durchgeführt: Im Gegensatz zu klassischen Metaanalysen wurden die individuellen Rohdaten jeder einzelnen in die Metaanalyse eingeschlossenen Studie genutzt, was zwar aufwändiger ist, aber eine differenziertere Betrachtung erlaubt. Insgesamt flossen 22 Studien mit 145.939 Personen ohne vorbestehenden Diabetes ein, in denen eine bestimmte Klasse von blutdrucksenkenden Medikamenten im Vergleich zu Placebo oder anderen Antihypertensiva- Klassen untersucht worden war.
Nach einem medianen Follow-up von knapp fünf Jahren war eine Senkung des systolischen Blutdrucks um 5 mm Hg über alle eingeschlossenen Studien hinweg mit einem 11 % niedrigeren Typ-2-Diabetes- Risiko verbunden. Während jedoch ACEHemmer und Angiotensin-1-Rezeptorblocker (ARB) das Risiko für Diabetes verringerten, wurde es durch Betablocker und Thiaziddiuretika gesteigert. Kalziumkanal- Blocker hatten keinen Einfluss.
 
Solide Daten, die in die Leitlinien müssen
Wegen der lange widersprüchlichen Ergebnisse ist in den aktuellen Leitlinien noch keine klare Empfehlung für eine Blutdrucksenkung als Strategie zur Diabetes-Prävention verankert. Die Studiendaten der Universität Oxford könnten das womöglich bald ändern. Insbesondere ACE-Hemmer und ARB sollten als Medikamente der ersten Wahl angesehen werden, wenn ein erhöhtes Diabetes-Risiko besteht. Thiaziddiuretika und Betablocker sollten nach Möglichkeit vermieden werden. RG
Quelle: Nazarzadeh M et al.: Blood pressure lowering and risk of new-onset type 2 diabetes. Lancet 2021; 398(10313): 1803-10

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