JAHRESTAGUNG DER DGHO 2018

Arzt-Depesche 2/2019

CAR-T-Zelltherapie – Immunchemotherapie – Biomarker-Lymphopenie

Im Rahmen der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO, OeGHO und SGMO) wurden unter anderem neue Daten zu CAR-T-Therapien präsentiert. Diskutiert wurde außerdem die Bedeutung der Lymphopenie als Prädiktor für die TKI-Effektivität beim mRCC.

Wie Prof. Hildegard Greinix, Graz, erklärte, handelt es sich bei chimären Antigen-Rezeptorzellen (CAR-T-Zellen) um gentechnisch modifizierte Abwehrzellen, die gezielt spezifische Oberflächenmerkmale auf Tumorzellen erkennen und diese eliminieren. Bisherigen Studien zufolge sprechen 60 bis 90 % der Patienten mit akuten lymphatischen Leukämien (ALL) und 40 bis 60 % aller intensiv vortherapierten Lymphom-Patienten auf die neue Therapiestrategie an.
Im August 2018 wurden in der EU erstmals zwei der neuen Zelltherapeutika bei diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen (DLBCL) zugelassen. Die Zulassung von Tisagenlecleucel beim prognostisch sehr ungünstigen rezidivierten und refraktären DLBCL basiert auf der Phase-II-Studie JULIET. Mittlerweile wurden die 111 Teilnehmer, die zuvor bereits mindestens zwei Therapien erhalten hatten, im Median 14 (maximal 23) Monate nachbeobachtet, berichtete Prof. Peter Borchmann, Köln.
Mit einer Gesamtansprechrate (ORR) von 52 % war Tisagenlecleucel deutlich effektiver als konventionelle Therapien; 40 % der Patienten erreichten eine komplette Remission (CR). Die mediane Ansprechdauer wurde bislang nicht erreicht. Die Zwölfmonatsrate für das rezidivfreie Überleben lag bei Patienten in CR bei 78,5 %, bei den Respondern insgesamt bei 65 %. Im längeren Studienverlauf erreichten 13 der 24 partiellen Responder noch eine CR. Bei den kompletten Respondern wurde der Median im progressionsfreien Überleben (PFS) und im Gesamtüberleben (OS) bislang nicht erreicht. Das PFS im Gesamtkollektiv betrig median 2,0, das OS 11,7 Monate. Diese Zahlen sind erheblich besser als unter konventioneller Therapie (medianes OS 4,4 Monate).
Allerdings muss die Effektivität mit einer deutlichen Toxizität erkauft werden: Am häufigsten war mit einer Rate von 58 % ein Zytokin-Release- Syndrom (CRS), das bei etwa jedem fünften Patienten schwer und intensivpflichtig war. Bei 12 % der Patienten wurden schwere neurologische Ereignisse registriert. Anhaltende Zytopenien vom Grad 3 bis 4 traten mit einer Inzidenz von 32 % auf. Zu Todesfällen durch Tisagenlecleucel, zu einem CRS oder zu einem zerebralen Ödem kam es in der Studie jedoch nicht. Für das effektive Management dieser Nebenwirkungen wird laut Borchmann ein erfahrenes Klinikteam benötigt.
Das Erkrankungsalter beim DLBCL lag bei median 70 Jahren. Betroffen sind also vielfach ältere komorbide Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand und verminderter Organreserve, was das Risiko für therapieassoziierte Toxizitäten erhöht, erinnerte Dr. Maria Madeleine Rüthrich, Jena. Zudem findet man gerade in diesem Kollektiv häufig aggressivere Lymphome. Etabliertes Standardregime ist seit Langem die Chemoimmuntherapie mit R-CHOP. In einer retrospektiven Analyse von 110 DLBCL-Patienten im Alter zwischen 60 und 80 Jahren erwiesen sich sowohl R-CHOP-14 als auch R-CHOP-21 als machbar und sicher. Bei der ORR war R-CHOP-14 mit 83 % tendenziell effektiver als R-CHOP-21 (64 %). Die Fünf-Jahres-Überlebensraten waren mit 76 % bei R-CHOP-14 und 73 % bei R-CHOP-21 ähnlich. Beim PFS schnitt R-CHOP-14 mit einer Fünf-Jahres-Rate von 64 % deutlich besser ab als R-CHOP-21 (vs. 45 %).
Beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC) könnte eine Lymphopenie (absolute Lymphozytenzahl, ALC < 1,3 G/l) vor Beginn der Erstlinientherapie als Prädiktor für die Effektivität von Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) dienen. Dafür spricht eine Analyse von 129 mRCC-Patienten, von denen 66 Pazopanib und 63 Sunitinib erhalten hatten. In der Sunitinib-Kohorte lag die prätherapeutische ALC bei median 1,6 G/l, in der Pazopanib-Kohorte bei 1,5 G/l.
Insgesamt erwiesen sich beide TKI mit Ansprechraten um 40 % und einem OS von median rund 24 Monaten als ähnlich effektiv, berichtete Dr. Jasmin Terzic, Graz. Jedoch sprachen Patienten mit prätheraeutischer Lymphopenie signifikant schlechter an als diejenigen mit einer ALC ≥ 1,3 G/l (24 vs. 47 %). Auch das progressionsfreie und das Gesamtüberleben fielen bei den Patienten mit Lymphopenie signifikant kürzer aus. KA
ICD-Codes: C83.3

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