Gallenblasenpolypen

Praxis-Depesche 1-2/2018

Cholezystektomie oder „watchful waiting"?

Es existiert eine altbekannte Regel, die besagt, dass Gallenblasenpolypen ab einem Durchmesser von 10 mm eine Indikation zur Cholezystektomie darstellen. Jetzt machte sich eine radiologische Arbeitsgruppe daran, die Evidenz dieser Empfehlung zu hinterfragen. Daraus entstand ein neuer Therapiealgorithmus, bei dem die OP-Indikation von mehr Faktoren als nur dem Polypendurchmesser abhängt.

Typischerweise werden Gallenblasenpolypen bei einer Sonographie aus anderem Anlass oder bei der histologischen Untersuchung nach Cholezystektomie festgestellt. In zweiterer Situation ist die weitere Therapie ja bereits erfolgt und es besteht bei fehlendem Malignitätshinweis keine weitere Behandlungsnotwendigkeit. In ersterem Fall allerdings stellt sich die Frage, ob und wann eine Cholezystektomie indiziert ist. Die Prävalenz von GB-Polypen liegt je nach Studie zwischen 0,3 und 9,5%. Man muss allerdings unterscheiden zwischen Pseudopolypen, die typischerweise Cholesterinpolypen (manchmal mit adenomatösen Bestandteilen und Entzündung) sind, und echten GB-Polypen. Pseudopolypen haben an sich kein malignes Potenzial, während echte benigne oder maligne sein können. Während beim kolorektalen Karzinom die Adenom-Karzinom- Sequenz gut verstanden wird, ist dies bei BG-Polypen nicht der Fall. Einige Karzinome entstehen wohl aus adenomatösen Vorstufen, aber eben nicht alle, zumal eben nicht nur Adenokarzinome, sondern auch mesenchymale Tumoren, Lymphome und Metastasen in der Gallenblase vorkommen. Die in zahlreichen Studien gefundene Malignitätswahrscheinlichkeit von GB-Polypen liegt dem im Folgenden dargestellten Therapiealgorithmus zugrunde. Ist der in der Sonographie dargestellte Polyp sicher kein Pseudopolyp und 10 mm oder größer im Durchmesser, dann ist das Malignitätsrisiko so hoch, dass eine Cholezystektomie gerechtfertigt ist (wenn der Patient ausreichend fit für eine OP ist). Ist der Polyp kleiner 10 mm stellt sich die Frage, ob es Symptome gibt, die der Gallenblase zugeschrieben werden können. Ist dies der Fall, empfiehlt man ebenfalls eine Cholezystektomie, wenn man keine andere Ursache für die Symptomatik als die Polypen annimmt. Hintergrund ist, dass polypoide Läsionen ein Zeichen einer anderen Pathologie wie Cholezystolithiasis oder Inflammation sein können. Liegen keine Gallenblasensymptome vor, sucht man nach weiteren Risikofaktoren für Malignität. Diese sind: Alter >50 Jahre, primär sklerosierende Cholangitis, indische Herkunft, sessiler Polyp (einschließlich fokale Wandverdickung >4 mm). Liegt mindestens einer dieser Risikofaktoren vor, so empfehlen die Autoren folgendes Schema: Polyp <6 mm: Kontrollsonographie nach sechs Monaten und dann jährlich für fünf Jahre; Polyp 6 bis 9 mm: Cholezystektomie. Fehlen die zuvor genannten Risikofaktoren bei einem symptomfreien Patienten, und ist der Polyp kleiner 6 mm, so kontrolliert man den Befund nach ein, drei und fünf Jahren. Wächst der Polyp dabei um mehr als 2 mm oder erreicht 10 mm Durchmesser, empfiehlt sich die OP. Polypen zwischen 6 und 9 mm kontrolliert man nach sechs Monaten und dann jährlich für fünf Jahre. Wenn während des Follow-up der Polyp nicht mehr darstellbar ist, dann handelte es sich wahrscheinlich um einen Pseudopolypen und eine weitere Nachuntersuchung ist nicht notwendig. Generell sollte die Abdomensonographie das Diagnostikum der Wahl sein; andere bildgebende Verfahren werden nicht empfohlen, wenn auch in schwierigen Fällen eine kontrastverstärkte Sonographie, CT oder MRT zum Einsatz kommen können. CB

Quelle:

Wiles R et al.: Management and follow-up of gallbladder polyps. Eur Radiol 2017; doi: 10.1007/ s00330-017-4742-y

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