Diabetes und Vorhofflimmern

Praxis-Depesche 3/2022

Das größte Risiko tragen Typ-1-Diabetikerinnen

Vorhofflimmern ist nur eine der vielen kardiovaskulären Erkrankungen, für die Personen mit Diabetes ein erhöhtes Risiko tragen. Es sind aber nicht alle Diabetiker:innen in gleichem Maße betroffen.
Zu diesem Ergebnis kam eine Datenauswertung von fast drei Millionen Erwachsenen (Frauenanteil 55 %), die im Jahr 2003 an einem französischen Krankenhaus vorstellig wurden und zuvor nicht unter Vorhofflimmern gelitten hatten. Knapp 345.500 von ihnen litten unter einem Typ-2- und ca. 45.400 unter einem Typ-1-Diabetes. Die Männer waren im Schnitt älter und hatten mehr Komorbiditäten als die Frauen, und Personen mit einem Diabetes hatten mehr Komorbiditäten als nicht diabetische Personen, wobei diejenigen mit Typ-2-Diabetes die meisten Vorerkrankungen aufwiesen.
Über das Follow-up, das 13,5 Millionen Personenjahre umfasste, wurden rund 327.000 Fälle von Vorhofflimmern diagnostiziert. Unter den gesunden Frauen betrug die jährliche Inzidenzrate (IR) 1,68 %, bei den Typ-1-Diabetikerinnen 2,63 % und bei den Typ- 2-Diabetikerinnen 3,38 %. Männer wiesen insgesamt höhere jährliche Inzidenzen auf mit 2,92 % (Gesunde), 3,37 % (Typ-1-Diabetiker) und 4,96 % (Typ-2-Diabetiker). Zwar waren absolut gesehen mehr Männer von Vorhofflimmern betroffen, das größte relative Risiko trugen allerdings Frauen mit einem Typ-1-Diabetes (Risikozuwachs 32 %). Typ-2-Diabetikerinnen trugen ein um 17 % höheres relatives Risiko und waren damit ebenfalls etwas stärker gefährdet als Männer mit einem Typ-1- oder Typ-2-Diabetes, für die das relative Risiko um 12 bzw. 10 % anstieg. Insgesamt trugen Frauen mit Typ-1-Diabetes ein um 18 % höheres Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, und Frauen mit Typ-2-Diabetes ein um 10 % höheres Risiko als Männer mit derselben Diagnose. Der Geschlechterunterschied war in allen Altersgruppen signifikant und nahm mit steigendem Alter ab.
 
Mangelndes Risikomanagement bei Frauen
Die Ursachen für die beobachtete Geschlechterdifferenz sind noch unklar. Neben möglichen biologischen Mechanismen könnte aus Sicht der Autoren auch die Tatsache eine Rolle spielen, dass bei Frauen die Risikofaktoren oft weniger aggressiv kontrolliert werden. So erreichen Diabetikerinnen nachweislich seltener einen HbA1c < 7 %, erhalten seltener Lipidsenker und erreichen auch seltener ihre Lipid- und Blutdruck-Zielwerte als Männer. Ein gutes Management der Risikofaktoren ist allerdings Dreh- und Angelpunkt in der Prävention von Vorhofflimmern und sollte daher auch bei Frauen mit Diabetes nicht zu kurz kommen. MR
Quelle: Bisson A et al.: Sex, age, type of diabetes and incidence of atrial fibrillation in patients with diabetes mellitus ... Cardiovasc Diabetol 2021; 20: 24
ICD-Codes: I48

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