Die "physiologische" Ovarialinsuffizienz der Frau in der Postmenopause ist der entscheidende pathogenetische Faktor für die Osteoporose. Daneben dürfen eine Reihe endokriner Funktionsstörungen, die ebenfalls den Knochen entmineralisieren und das Frakturrisiko erhöhen, nicht übersehen werden.
Hyperkortisolismus
Zu viel Kortisol hemmt die intestinale Kalziumresorption und stimuliert die renale Kalziumausscheidung. Das Kalzium im Blut liegt im unteren Normbereich; das Parathormon ist hochnormal bis mäßig erhöht. Die Funktionen der Hypophyse werden durch den Hyperkortisolismus supprimiert. Von besonderer Relevanz ist dabei ein funktioneller Hypogonadismus (Frauen: Amenorrhö). Im klassischen Fall ergibt das Cushing-Syndrom das typische klinische Bild. Es gibt aber auch Fälle, bei denen die Osteoporose der Ausgangspunkt für die Diagnose ist. Dabei ist zunächst ein exogener Hyperkortisolismus sorgfältig auszuschließen (Steroid-Einnahme). Zur Diagnostik des endogenen Cushing-Syndroms eignet sich vor allem der Dexamethason-Kurztest. Bei pathologischen Befunden ist weitergehende endokrine Funktionsdiagnostik angezeigt. Entscheidende Maßnahme ist die Entfernung der Quelle des hormonellen Exzesses. Dies bedeutet bei ACTH-unabhängigem Cushing-Syndrom die Entfernung einer, in seltenen Fällen auch beider Nebennieren. Bei ACTH-Abhängigkeit muss entweder die Hypophyse oder die ektope ACTH-Quelle reseziert werden. Zur spezifischen antiosteoporotischen Behandlung eignen sich Bisphosphonate neben der Basistherapie mit Kalzium und Vitamin D.
Schilddrüsen-Dysfunktionen
Eine Hyperthyreose stimuliert die BMU (basic multicellular units) des Skeletts und verstärkt den Turnover des Knochens. Die Abnahme der Knochendichte bei Hyperthyreose tritt meist im Zusammenhang mit der Postmenopause oder einem Hypogonadismus auf. Das basale TSH sollte bei allen Patienten mit Osteoporose bestimmt werden. Wichtig ist auch eine gründliche Anamnese, bei der man nach zurückliegenden Funktionsstörungen der Schilddrüse fragt, die das Osteoporoserisiko schon früher erhöht haben könnten. Behandelt werden kann mit Thyreostatika; definitive Verfahren sind Operation und Radiojodtherapie. Bei Hypothyreose muss mit Levothyroxin substituiert werden. Diese Therapie steigert angeblich das Osteoporoserisiko. Das TSH sollte daher bei der Substitution möglichst nicht weiter als in den unteren Referenzbereich gesenkt werden. Eine begleitende osteoprotektive Medikation kann hier sinnvoll sein und sollte von Knochendichte und Frakturstatus abhängig gemacht werden.
Hyperparathyreoidismus
Das Parathormon stimuliert die Osteoklasten-Aktivität und mobilisiert die mineralische Knochensubstanz aus dem Skelett. Es fördert die intestinale Kalziumresorption und stimuliert die tubuläre Kalziumrückresorption in der Niere. Dennoch besteht bei primärem Hyperparathyreoidismus häufig eine Hyperkalzurie, da die Hyperkalzämie die Rückresorptionsfähigkeit der Niere übersteigt. Bei ausgeprägter Störung ist das Frakturrisiko deutlich erhöht (um etwa 50%). Grundlage der Diagnostik ist die Bestimmung des Kalziumspiegels. Ein Wert im unteren bis mittleren Normbereich schließt einen primären Hyperparathyreoidismus hinreichend sicher aus. Bei hohen Werten wird das Parathormon gemessen. Ist es hoch oder erhöht, spricht das für eine solche Störung. Bei niedrigerem Parathormon ist nach anderen Ursachen der Hyperkalzämie zu fahnden; oft findet man dann maligne Leiden. Zu den Operationsindikationen des primären Hyperparathyreoidismus zählen neben Hyperkalzämie und Hyperkalziurie auch eingeschränkte Nierenfunktion, Osteoporose und ein Patientenalter unter 50 Jahren.
Osteoporose des Mannes
Bei Männern muss man vor allem nach Hypogonadismus und Hyperkortisolismus fahnden. U. a. untersucht man basales TSH, Urinstatus und Bence-Jones-Proteine im Urin, Serumeiweiß-Elektrophorese, Testosteron und 25-OH-Vitamin D3 und führt einen Dexamethason-Kurztest durch. Abhängig vom klinischen Bild und den Ergebnissen des Primärlabors können weitergehende Tests notwendig werden, u. a. LH-, FSH- und Prolaktin-Spiegel. Hinweisen auf Malabsorption ist nachzugehen. Ggf. ist eine Knochenbiopsie indiziert. Im Vordergrund der Therapie steht die Behebung der Grundkrankheit. Bei Hypogonadismus muss die genaue Ätiologie abgeklärt werden, bevor man Hormone substituiert. Als spezifische Therapie der Osteoporose sind Bisphosphonate angezeigt.
HVL-Insuffizienz
Bei HVL-Insuffizienz besteht in der Regel ein Hypogonadismus, weil die Gonadotropine LH und FSH nicht ausreichend sezerniert werden. Das Osteoporose-Risiko ist damit erhöht. Häufig findet man auch eine Sekretionsstörung des Wachstumshormons. Ein STH-Mangel im Erwachsenenalter führt ebenfalls zur Verringerung der Knochendichte. Amenorrhö, Potenzstörungen und Libidoverlust weisen auf Hypogonadismus hin, der durch eine primäre Funktionsstörung der Gonaden (Turner-, Klinefelter-Syndrom) oder durch Dysfunktionen in den übergeordneten Steuerzentren Hypophyse und Hypothalamus verursacht sein kann. Zur diagnostischen Abklärung werden neben den peripheren Geschlechtshormonen die gonadotrope, thyreotrope und kortikotrope Funktion bestimmt. Je nach Ausfall stützt man die entsprechenden hypophysären Partialfunktionen durch Substitution. Wachstumshormon fördert die anabolen Prozesse des Knochenstoffwechsels. (EH)