Stress und konstitutionelle Vulnerabilität

Praxis-Depesche 4/2001

Familiäre Bipolar-Störung manifestiert sich früher

Vermutlich spielen in Ätiologie und Krankheitsverlauf affektiver Störungen sowohl biologische als auch psychosoziale Faktoren eine Rolle. In einer kanadischen Studie wurden nun die Einflüsse einer für affektive Störungen positiven Familienanamnese und das Ausmaß belastender Lebensereignisse untersucht.

Ausgewertet wurden die Fallberichte von 282 Patienten. Sie litten an einer Bipolar-I- oder -II-Störung (67%) oder einer unipolaren Depression (33%). Patienten mit bipolarer Störung, die einen affektiv erkrankten Verwandten ersten oder zweiten Grades aufwiesen, hatten mit 28,9 vs. 33,9 Jahren ein deutlich geringeres Erkrankungsalter als Patienten ohne positive Familienanamnese. Diese Patienten wiesen darüber hinaus in den zwölf Monaten vor Erkrankungsbeginn eine signifikant geringere Anzahl an belastenden lebensgeschichtlichen Ereignissen auf. Bei bipolar erkrankten Patienten mit einer großen Anzahl an stressenden Events war das Erkrankungsalter mit 33,1 vs. 28,3 Jahren hingegen deutlich höher. Die Zusammenhänge lassen sich derart interpretieren, dass bei familiär/genetisch belasteten Personen weniger Stressfaktoren nötig sind, um zum Erkrankungsausbruch zu führen. Ferner scheinen lebensgeschichtliche Belastungen bei bipolar wie bei unipolar Erkrankten im frühen Krankheitsverlauf eine größere Rolle zu spielen als nach mehreren Rezidiven.

Quelle: Johnson, L: Age of onset in affective disorder: its correlation with hereditary and psychosocial factors, Zeitschrift: JOURNAL OF AFFECTIVE DISORDERS, Ausgabe 59 (2000), Seiten: 139-148

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x