58. Pneumologenkongress (DGP), Stuttgart 2017

Praxis-Depesche 6/2017

Gefährlicher Feinstaub – Respiratory Failure Units – An IPF denken

„Qualität und Wirtschaftlichkeit“ – unter diesem Motto stand der diesjährige Pneumologenkongress. Auch 2017 wurde wieder ein umfassender Überblick über die Lungenmedizin geboten. Einige Highlights haben wir im Folgenden zusammengestellt.

Wie gefährlich ist Feinstaub?
 
Die nachteiligen gesundheitlichen Wirkungen von Luftschadstoffen sind durch experimentelle bzw. Human-Expositionsstudien und durch epidemiologische Studien ausreichend belegt. Dabei wurden im Rahmen des Forschungsprojekts ESCAPE (European Study of Cohorts for Air Pollution Effects) Fragestellungen im Hinblick auf die Entstehung von Atemwegserkrankungen untersucht. Die Analyse der Längsschnittdaten von über 300 000 Probanden zeigte nach einem Follow- up von durchschnittlich 12,8 Jahren ein um 22% statistisch signifikant erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Die Mortalität an nicht-malignen respiratorischen Ursachen war aber nicht statistisch signifikant gesteigert. Was die COPD betrifft, so war das Risiko nur bei Frauen und Nie-Rauchern mit statistischer Signifikanz erhöht. Eine Langzeitexposition war auch nicht assoziiert mit Symptomen der chronischen Bronchitis wie Husten oder Auswurf. Für die Inzidenz von Asthma fand sich allerdings eine statistisch signifikante Risikoerhöhung. „Auch das Pneumonierisiko war erhöht, während keine substanziellen Effekte für das Auftreten von Pseudokrupp beobachtet wurden“, so Dr. Joachim Heinrich, München.
 
Brauchen wir „Respiratory Failure Units“?
 
Die Prognose der COPD-Patienten wird durch den Schweregrad der Atemwegsobstruktion bzw. der Lungenüberblähung, die Komorbidität und vor allem durch die akuten Exazerbationen bestimmt – die Mortalität ist demnach eng mit der Frequenz der akuten Exazerbationen korreliert.
Um sich ein Bild von der Versorgungsqualität bei einer Exazerbation machen zu können, wurde ein europäisches COPD-Audit in 422 Krankenhäusern durchgeführt. Dabei zeigten sich einige inakzeptable Mängel bei der Notfallversorgung von COPD-Patienten. Nur bei ca. 50% der Patienten waren Daten einer Lungenfunktionsuntersuchung verfügbar, und nur bei 82% wurde eine BGA durchgeführt. Nur 45% der Patienten mit einer leichten und 77% der Patienten mit einer schweren Azidose wurden beatmet. 11% der Patienten verstarben während der Beobachtungsphase, davon 46% noch im Krankenhaus. „Angesichts dieser besorgniserregenden Daten soll jetzt ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Notfallversorgung in Form einer Respiratory Failure Unit vergleichbar mit der Chest-Pain-Unit bzw. der Stroke-Unit gestartet werden“, so Dr. Thomas Voshaar, Moers.
 
Entwöhnung vom Beatmungsgerät lohnt sich
 
Ca. 40% aller Patienten, die invasiv beatmet werden müssen, haben Schwierigkeiten, anschließend vom Beatmungsgerät entwöhnt zu werden. Sie bedürfen deshalb einer längerfristigen Beatmung. Doch je länger der Patient an das Beatmungsgerät gebunden ist, desto ausgeprägter ist die Atrophie der Atemmuskulatur und umso schwerer wird es für ihn, wieder selbständig zu atmen. 10% der Betroffenen sind auch nach Entlassung aus der Klinik auf das Beatmungsgerät angewiesen. „Weil die Strukturen und das Personal fehlen, wird das Weaning häufig zu früh aufgegeben“, erläuterte Prof. Martin Hetzel, Stuttgart. Deshalb empfiehlt es sich, entsprechende Patienten in ein Weaning-Zentrum zu verlegen.
 
Immuntherapie beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC)
 
Die Immuntherapie ist ein neuer onkologischer Therapieansatz, der sich auf eine Verstärkung der T-Zell-basierten Immunantwort des Patienten zur Detektion und Elimination maligner Zellen richtet. „Nach dem malignen Melanom hat er sich auch beim metastasierten NSCLC als Hoffnungsträger etabliert“, so Prof. Martin Kohlhäufl, Stuttgart. Zugelassen sind die PD-1-Inhibitoren Nivolumab und Pembrolizumab beim metastasierten NSCLC in der Zweitlinientherapie und Pembrolizumab auch in der Erstlinientherapie bei Patienten mit hoher Expression des PD-L1-Rezeptors (über 50% der Tumorzellen).
 
Idiopathische Lungenfibrose: Wann daran denken?
 
Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine chronisch fibrosierende Lungenerkrankung, die chronisch progredient verläuft. Leitsymptome sind ein trockener Husten und eine zunehmende Dyspnoe. Klinisch finden sich bei Betroffenen häufig eine Zyanose, Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel. Die Lungenfunktionsuntersuchung ist meist noch weitgehend normal oder nur gering beeinträchtigt. Somit schließt eine normale Lungenfunktion die Erkrankung nicht aus. Die Diagnose wird durch eine hochauflösende Comptertomographie gesichert, im Zweifelsfall ist eine chirurgische Lungenbiopsie erforderlich.
„Bevor die Diagnose IPF gestellt wird, müssen andere Differenzialdiagnosen ausgeschlossen sein“, erläuterte Prof. Michael Kreuter, Heidelberg. Dazu gehören Kollagenosen bzw. rheumatoide Arthritis, Pneumokoniosen insbesondere die Asbestose, die medikamentenoder strahleninduzierte Lungenfibrose und die chronische Verlaufsform der exogen allergischen Alveolitis. PS
ICD-Codes: J84.1 , C34.9

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