Sensorische Kompensationen

Praxis-Depesche 12/2019

Gerüche – eine gesunde Auswahl

Die olfaktorische Wahrnehmung des Menschen ist heute gezielten Manipulationen durch Marketing-Strategien unterworfen.
Das sogenannte sensorische Marketing wird seit längerem dazu benutzt, Konsumenten zu gewinnen und / oder sie in eine gewisse Richtung zu beeinflussen.
In der Forschung zur olfaktorischen Wahrnehmung hat man nämlich längst nachgewiesen, dass verschiedene Umgebungsdüfte in der menschlichen Wahrnehmung auf bipolaren Dimensionen – wie beispielsweise anregend oder entspannend – beruhen. Gezielte Manipulationen von Menschen durch Umgebungsdüfte nach bestimmten Nahrungsmittelgerüchen, die Konsumenten-Entscheidungen triggern, sind seit längerem ebenfalls ein großes Thema in der Forschung. Wie aber beeinflussen Düfte nach Essen das Konsumverhalten von Kindern und Erwachsenen?
Die Ergebnisse einer ganzen Serie von experimentellen Untersuchungen - unter anderem Feldstudien in einem Supermarkt sowie in einer Schulcafeteria – zeigten, dass eine vermehrte Exposition (über zwei Minuten lang) mit einer Art von Geruch, der mit einem genussreichen-belohnenden Essen assoziiert wird (wie etwa dem Duft nach einem Cookie) zu einem anschließenden Rückgang in der Kauffreudigkeit von als eher ungesund eingestuftem Essen führte. War dagegen kein Umgebungsduft nach dieser Art von eher als ungesund bewertetem Essen vorhanden oder vielmehr ein Geruch, der nicht mit Genussnahrungsmitteln assoziiert wird (wie etwa der Duft nach Erdbeeren), zeigte sich dieser Effekt anschließend jedoch nicht. Anscheinend reicht allein der Geruch nach einem bestimmten Genussmittel schon dafür aus, das Belohnungssystem dahingehend zu beeinflussen, dass ein tatsächlicher Wunsch nach Verzehr dieses Genussmittels anschließend gar nicht mehr als Bedürfnis empfunden wird.
Stimuli, die eine sensorische Modalität (hier: olfaktorisch) erreichen, führen demnach offenbar zu einem kompensatorischen, cross-modalen Effekt in einem anderen Bereich (hier: gustatorisch).
Allerdings war die Dauer der Exposition hierfür ganz entscheidend, denn der Effekt verkehrte sich tatsächlich sogar ins Gegenteil, wenn die Dauer des nahrungsassoziierten Umgebungsduftes 30 Sekunden unterschritt. MMH

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