Hemmschwelle

Praxis-Depesche 9/2015

Geschlechtsunterschiede bei der Reanimation

Männer und Frauen haben das gleiche Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Frauen werden aber seltener reanimiert. Liegt das vielleicht an der Scheu der Laienhelfer, eine weibliche Patientin zu entkleiden, um Hand und Defi-Elektroden anzulegen?

Die Autoren der Studie, Psychologen und Anästhesisten, gingen dieser Frage mit einem Versuch mit 69 Personen nach. Die Laienhelfer sollten – wie im klassischen Erste-Hilfe-Kurs – eine Reanimation an einer Puppe mit simuliertem Herzstillstand durchführen. Dabei kamen zwei Arten von Reanimations-Puppen zum Einsatz: eine männliche Standard-Puppe und eine auf „weiblich getrimmte“; dieser verpasste man eine Perücke, Silikonbrüste, Make-up, weibliche Kleidung und einen ventral zu öffnenden BH. Die Ersthelfer entfernten bei der männlichen Puppe signifikant mehr Kleidung als bei der weiblichen. Allerdings zeigte sich auch, dass die Platzierung der Hände zur Thoraxkompression bei der weiblichen Puppe besser gelang: In der Regel waren dort die Hände der Ersthelfer „vorschriftsmäßig“ zwischen den Brüsten platziert. Die Autoren nehmen an, dass soziokulturelle Normen Ersthelfer davon abhalten, weibliche Patienten zur Reanimation zu entkleiden. Um die Benachteiligung von weiblichen Patienten mit z. B. plötzlichem Herzstillstand zu reduzieren, fordern die Forscher realistische weibliche Reanimationstrainingspuppen. Einen viel größeren Effekt hätte aber womöglich, generell mehr Laien an die Reanimation heranzuführen, denn eine schlechte Wiederbelebung ist immer noch besser als gar keine CB

Quelle:

Kramer CE et al.: Does the sex of a simulated patient affect CPR? Resuscitation 2015; 86: 82-7

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