Chronische Atemwegserkrankungen

Praxis-Depesche 7-8/2020

Gleichgewichtsstörung durch Multimedikation?

Eine kleine portugiesische Studie ging den Ursachen von Gleichgewichtsproblemen bei Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen nach.
Im Rahmen eines Lungenrehabilitationsprogramms untersuchten die Autoren mittels verschiedener Tests die körperliche Leistungsfähigkeit und die Gleichgewichtsfunktion von 28 vorwiegend männlichen Patienten. Elf der Studienteilnehmer litten an einer interstitiellen Lungenerkrankung, 17 an COPD. Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zeigten sich nur bei der FEV1 (37 % des Normalwerts bei COPD, 74 % bei ILD).
Bei zwei von drei Patienten ergab mindestens einer der Tests eine eingeschränkte Gleichgewichtsfunktion. Im Vergleich zu den Atemwegspatienten ohne Balancestörungen nahmen diese eine signifikant größere Zahl von Medikamenten ein (5,5 versus 1). Auch die Zahl von Begleiterkrankungen lag in dieser Gruppe höher (3 versus 2); der Unterschied blieb allerdings knapp unter dem Signifikanzniveau (p=0,066). Die Art der Erkrankung, FEV1, BMI oder die zurückgelegte Wegstrecke im 6-Minuten-Gehtest wirkten sich dagegen offensichtlich nicht auf die Gleichgewichtsfunktion aus. In einer größeren Folgestudie wollen die Autoren analysieren, ob bei COPD und interstitiellen Lungenerkrankungen unterschiedliche Faktoren zu einer Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns beitragen. Schon aufgrund der bisherigen Ergebnisse halten sie es aber für sinnvoll, bei Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen die Medikationsliste zu überprüfen, da deren Länge offenbar Einfluss auf die Gleichgewichtsfunktion und damit die Lebensqualität und das Sturzrisiko nehmen kann. CW
Quelle: Oliveira M et al.: Balance impairment in chronic respiratory patients. Pulmonology 2020; 26(3): 169-72
ICD-Codes: J44.9

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