Neue Therapieansätze

Praxis-Depesche 3/2016

Gute Aussichten für Diabetiker?

Dank moderner Therapien kann man Diabetes heute individuell und effektiv behandeln. Neue Therapieansätze könnten das Management weiter verbessern.

Kommentar

In den letzten fünf bis zehn Jahren sind zahlreiche neue Therapieoptionen und effektive Lebensstilprogramme zum Management von Diabetes entwickelt worden. Zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten scheint die jährliche Diabetesinzidenz in den USA zurückzugehen. Auch die Raten an kardiovaskulären und Nierenerkrankungen bei Diabetes sind deutlich zurückgegangen. Wahrscheinlich waren die Aussichten auf ein langes Leben für Diabetiker nie besser als jetzt.

Nathan DM: Diabetes: Advances in diagnosis and treatment. JAMA 2014; 314(10): 1052-62
Neben kurz- bis langwirksamen Insulinen stehen heute viele weitere antidiabetische Wirkstoffe zur Verfügung, wie GLP-1-Analoga, DDP4- Inhibitoren, Sulfonylharnstoffe und Metformin. Darüber hinaus wird derzeit an vielen alternativen Therapien geforscht.
Neue Strategien auf Basis von Nanotechnologie nutzen Mikrokapseln, um Wirkstoffe direkt an ihren Bestimmungsort zu transportieren. Auch könnte man auf diese Weise Inselzell-Ersatzzellen injizieren und dadurch vorübergehend die gestörte Glucoseregulation normalisieren, ohne auf starke Immunsuppressiva zurückgreifen zu müssen. Die technologische Umsetzung ist allerdings schwierig. Auch stehen Nanopartikel unter Verdacht, potenziell toxische Effekte zu haben.
Immunsuppressiva sind auch bei Inselzellund Pankreastransplantationen erforderlich und die Verfügbarkeit von Donororganen sehr stark begrenzt. Alternative Möglichkeiten könnten sich aus der Stammzelltherapie ergeben. Aufgrund ihrer immunmodulatorischen Eigenschaften könnten sich vor allem mesenchymale Stammzellen (MSC) für die Therapie von Typ-1- Diabetes eignen. Aus reprogrammierten Fibroblasten diabetischer Patienten können pluripotente Stammzellen generiert werden, die auch in Insulin-produzierende Zellen ausdifferenzieren können (sog. DiPS: diabetes induced pluripotent stem cells). Aus dem Knochenmark abgeleitete MSC besitzen diese Fähigkeit ebenfalls. Die Verfahren der Stammzelltherapie sind jedoch gegenwärtig noch unausgereift und immunologische Abstoßungsreaktionen oder unkontrollierte Proliferationen nicht ausgeschlossen.
Geforscht wird außerdem an Gentherapien, bei welchen bestimmte Eigenschaften der ß-Zellen auf andere Zellen übertragen werden. Beispielsweise könnte man insulinproduzierende Zellen herstellen, die nicht durch die autoimmune Reaktion bei Typ-1-Diabetes angegriffen werden können. Idealerweise sollte die Gentherapie in vivo durchgeführt werden. Sichere und effektive Vektoren müssen dafür aber noch entwickelt werden. Ein aktueller Ansatz nutzt das Gen der Glucokinase, um glucosesenkende Nicht-ß-Zellen zu generieren und damit die Verstoffwechselung der Glucose im Körper zu steigern. Eine andere Gentherapie-Strategie basiert auf dem Gen PTG, dessen Produkt Glucose in Glykogen umwandelt. Zellen mit dieser Fähigkeit könnten die Glucoseregulation der Leber unterstützen. Ein weiterer Ansatz versucht, die ß-Zell-Produktion in der Leber anzuregen.
Eine Quelle für neue Wirkstoffe könnten verschiedene Pflanzen mit hypogklykämischer Wirkung sein. Dazu zählen unter anderem Knoblauch, Curry und Gumar (Gymnema sylvestre). Was Ernährung im Allgemeinen betrifft, haben sich kohlenhydratarme Programme zur Gewichtsreduktion und Verbesserung der glykämischen Kontrolle bewährt. OH
Quelle:

Tiwari P et al.: Recent trends in therapeutic approaches for diabetes management: a comprehensive update. J Diabetes Res 2015; Epub Jul 27; doi: 10.1155/2015/340838

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