Verarbeitung von Trauerfällen

Praxis-Depesche 6/2015

(Halb-)waise haben erhöhte Mortalität

In einkommensstarken Ländern erleben 3 bis 4% der Kinder den Tod eines Elternteils. Der frühe Verlust wirkt sich langfristig negativ auf das Überleben aus.

Den Zusammenhang zwischen elterlichem Tod und Sterblichkeit der Kinder untersuchte eine Studie an Daten von insgesamt 7,3 Mio. Kindern, die zwischen 1973 und 2008 geboren worden waren. In der Nachbeobachtungszeit starben knapp 40 000 Kinder und etwa 190 000 (2,6%) verloren im Alter zwischen 0,5 und 18 Jahren Mutter oder Vater.
Unabhängig vom Geschlecht der Kinder und des verstorbenen Elternteils erhöhte sich für die Verwaisten das Risiko für allgemeine Mortalität um 50% (Mortalitätsraten-Verhältnis MRR=1,50; 95% KI 1,43-1,58). Die Stärke der Risikoerhöhung variierte je nach Alter der Kinder, blieb aber bis zur Mitte des Erwachsenenalters bestehen. Das Sterblichkeitsrisiko stieg stärker, wenn Mutter oder Vater eines unnatürlichen Todes gestorben waren (84% vs. 33% bei natürlichem Tod der Eltern). Bei unnatürlicher Todesursache der Eltern starben auch die Kinder häufiger eines unnatürlichen Todes (MMR 2,15; 95% KI 1,94-2,38). Das größte Mortalitätsrisiko trugen Kinder, deren Eltern Selbstmord begangen hatten, besonders für unnatürlichen Tod (MRR=2,26; 95% KI 1,95-2,61 vs. MRR=1,65%; 95% KI 1,36-2,01 für natürlichen Tod).
Vermutlich spielen neben genetischer Disposition vor allem die negativen Folgen eine Rolle, die ein früher Todesfall auf biologische und psychosoziale Mechanismen hat. Beispielsweise ist elterlicher Tod mit Dysfunktion der Hypothalamus- Hypophysen-Nebennieren-Achse und metabolischem Syndrom verbunden. Auch kann ein Tod von Vater oder Mutter zu sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung führen und risikofreudigeres Verhalten provozieren. Bei der Versorgung sollte berücksichtigt werden, dass betroffene Kinder auch lange nach Verlust eines Elternteils erhöhte Risiken tragen. OH
Quelle:

Li J et al.: Mortality after parental death in childhood: a nationwide cohort study from three nordic countries. PLoS Med 2014; 11(7): e1001679

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