Leberzirrhose

Praxis-Depesche 11/2021

Herausforderung Infektionsmanagement

Patienten mit Leberzirrhose entwickeln häufig Infektionen; ihr Risiko zu sterben steigt dadurch um das Vierfache an. Eine zusätzliche Herausforderung stellt die Zunahme multiresistenter Keime dar.
Zu den am häufigsten auftretenden Infektionen bei Zirrhose-Patienten gehören die spontane bakterielle Peritonitis (SBP) (27 %) und Harnwegsinfekte (29 %), gefolgt von Pneumonien, spontaner Bakteriämie sowie Haut- und Weichteilinfektionen. Pilzinfektionen treten bei 10 bis 13 % von ihnen auf – zusammen mit einer bakteriellen Infektion ist die Prognose hier besonders schlecht. Die Infektanfälligkeit der Patienten beruht auf einer mit der Schwere der Erkrankung zunehmenden Störung des Darmmikrobioms sowie zusätzlichen Faktoren wie Alkoholkonsum, Malnutrition, wiederholten Antibiotikatherapien oder Einnahme von Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI).
Invasive Bakterien wie Streptokokken und Enterobakterien können die gestörte intestinale Barriere überwinden und in einer SBP oder Bakteriämie resultieren.
 
Frühe Antibiose entscheidend
Eine Infektabklärung sollte bei Fieber, neu aufgetretenem Nierenversagen, mentalen Veränderungen, Zeichen von Organversagen oder Leukozytose erfolgen. Creaktives Protein (CRP) und Procalcitonin sind bei Zirrhose meist generell erhöht und daher nicht wegweisend. Durch die Immundefizienz kann Fieber auch fehlen. Bei negativer Blutkultur sollte auch an eine Pilzinfektion gedacht werden.
Therapeutischer Standard ist die sofortige empirische Antibiotikagabe. Jede Stunde der Therapieverzögerung erhöht das Risiko zu sterben um den Faktor 1,86. Das weitere Management besteht in der Identifizierung des Keims, der Prävention von Multiorganversagen und nosokomialen Infektionen sowie der Prognosebestimmung. Der im Review dargestellte Algorithmus gibt einen umfassenden Überblick über das komplexe Vorgehen.
 
Prävention
Bei Hochrisikopatienten sollte eine tägliche Antibiotikaprophylaxe erwogen werden. Eine Primärprophylaxe zeigte sich für Patienten mit akuter gastrointestinaler Blutung oder mit fortgeschrittener Zirrhose und hohem Infektionsrisiko günstig, eine Sekundärprophylaxe für Patienten mit SBP in der Vorgeschichte. Zudem empfiehlt sich die frühzeitige Impfung von Zirrhose-Patienten gegen Hepatitis A und B, Varizellen, Influenza, Pneumokokken, Masern/ Mumps/Röteln und Diphterie/Tetanus/ Pertussis.
 
Blick in die Zukunft
In der Diagnostik können schnelle Multiplex- PCR-„Syndrom-Panels“ eingesetzt werden, um gleichzeitig mehrere Krankheitserreger zu identifizieren. Der Einsatz der Metagenomik, bei der das genomische Material aus einer Organismengemeinschaft untersucht wird, ist relativ neu und hat in Studien bereits einen Vorteil gegenüber der traditionellen Blutkultur gezeigt. Die präventive Verabreichung von Albumin kann nach derzeitiger Studienlage nicht empfohlen werden, ebenso wenig wie die Einnahme von Prä- oder Probiotika. Die Fäkaltransplantation zeigte in Studien zwar vielversprechende Ergebnisse, birgt aber andererseits auch die Gefahr, selbst zur Infektionsquelle zu werden. CA
Quelle: Bajaj JS et al.: The evolving challenge of infections in cirrhosis. N Engl J Med 2021; 384(24):2317-2330
ICD-Codes: K74.6

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