Akute virale Enzephalitis

Praxis-Depesche 7-8/2020

Herpes simplex & Co

Eine Enzephalitis äußert sich durch einen veränderten psychischen Status und eine Auswahl weiterer Symptome wie Fieber, Krampfanfälle, neurologische Defizite, Liquorpleozytose und EEG-Anomalien. Oft sind neurotrope Viren die Ursache.
Erster Diagnoseschritt bei akuter Enzephalitis ist die Unterscheidung zwischen viraler und autoimmuner Ätiologie, der zweite die Unterscheidung einer Enzephalitis, die auf das Herpessimplex- Virus (HSV) zurückgeht (der häufigste Fall) von solchen, die auf das Konto anderer Viren gehen, wie das Varizella-Zoster-Virus (VZV), Enteroviren und Arboviren.
Standardmäßig wird bei immunkompetenten Patienten im ersten Schritt via PCR- und RT-PCR-Tests im Liquor nach HSV-1, HSV-2, VZV, Enteroviren gefahndet und bei Kindern unter drei Jahren auf menschliche Parechoviren untersucht. Wenn diese ersten Tests keine Diagnose liefern, können zusätzliche Testreihen durchgeführt werden. Diese beinhalten oft Liquor-PCR-Tests auf das Cytomegalievirus (CMV), humane Herpesviren 6 und 7 (HHV-6 und HHV- 7), das Epstein-Barr- (EBV) und das HIVirus. Serologische Tests von Liquor- IgM können bei der Diagnose von Enzephalitis aufgrund von Arboviren, VZV, EBV, Masern-, Mumps-, Rötelnund Tollwut-Virus oder anderen Ursachen helfen. PCR- oder RT-PCR- Proben aus Hals und Nasenrachenraum können Hinweise auf adenovirale Infektion, Grippe oder Masern liefern, Speicheltests Hinweise auf Mumps oder Tollwut; enterovirale Infektionen lassen sich anhand von Stuhlproben ausfindig machen. Zu den derzeit verfügbaren Behandlungsoptionen der akuten viralen Enzephalopathie gibt es nur wenig Evidenz aus randomisiert kontrollierten klinischen Studien. So wird beispielsweise in den Richtlinien der Infectious Diseases Society of America (IDSA) nur Aciclovir zur Therapie der HSV-Enzephalitis mit Empfehlungsgrad 1A eingestuft. Trotz Hinweisen darauf, dass eine frühe Einleitung der Aciclovir-Therapie die Prognosen bei einer HSV-Enzephalitis verbessert, wird die Behandlung oft gar nicht oder erst spät eingeleitet. So zeigte eine europäische multizentrische Studie, dass nur 45 % der Patienten mit HSV-Enzephalitis innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Symptome behandelt worden waren. Noch dazu war die anfängliche Dosis von Aciclovir bei bis zu 75 % der Kinder und 24 % der Erwachsenen falsch. OH
Quelle: Tyler KL: Acute viral encephalitis. N Eng J Med 2019; 379(6): 557-66

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