Fraglicher Nutzen

Praxis-Depesche 1-2/2018

Hyperbare O2-Therapie bei diabetischen Ulzera

Die Amputation schwebt wie das berühmte Damoklesschwert über diabetischen Patienten mit ischämischen Beinulzera. In der „DAMO2CLES-Studie“ wurde nun untersucht, ob eine hyperbare Oxygenierungstherapie (HBOT) Ulzera besser zur Abheilung bringt und Amputationen vermeiden kann.

Kommentar

Das negative Ergebnis dieser Studie passt zu einer weiteren, in 2017 zu einem etwas anderen Thema veröffentlichten Arbeit (Hofmann R et al., N Engl J Med 2017). Hier wurde die Sauerstoffgabe bei Patienten mit Verdacht auf Myokardinfarkt untersucht. Eine zusätzliche O2-Gabe brachte nichts in Bezug auf die Mortalität, wenn auch der Sauerstoff hier per Nasensonde und nicht durch eine Überdruckkammer in den Patienten gebracht wurde. In beiden Studien waren zwar die kritischen Gewebe sicherlich O2-minderversorgt (Myokard hinter der Stenose bzw. Muskeln/Haut/Subcutis im ischämischen Bein der Diabetiker), dennoch brachte eine zusätzliche Zufuhr von Sauerstoff über die Lungen keinen Vorteil. Weshalb das so ist, bleibt bislang Spekulation.

Redaktion Praxis-Depesche

120 Diabetiker (Typ 1 oder 2) mit ischämisch bedingten Ulzera am Bein erhielten randomisiert die Standardbehandlung (n=60, Kontrollgruppe) oder Standardbehandlung plus HBOT (n=60). Im Rahmen der HBOT wurden die Patienten an fünf Tagen der Woche in eine Überdruckkammer verfrachtet, bis die maximale Anzahl von 40 oder Wundheilung erreicht war. Jede Sitzung dauerte 90 min, während derer die Patienten 100% FiO2 bei 2,4 bis 2,5 Atmosphären Druck atmeten (unterbrochen von jeweils 5-minütigen Blöcken mit Raumluftatmung zur Vermeidung einer O2-Intoxikation. Bei 53 Patienten der HBOTGruppe konnte die vom Ulkus betroffene untere Extremität gerettet werden (versus 47 in der Kontrollgruppe). Nach zwölf Monaten waren mit O2 30 Ulzera versus 28 abgeheilt. Ein amputationsfreies Überleben (AFS) erreichten 49 versus 41 Patienten. Alle Unterschiede waren statistisch nicht signifikant! Allerdings waren in der HBOT-Gruppe 35% der Patienten nicht in der Lage, das vorgegebene Hyperoxygenierungsprotokoll komplett zu erfüllen, überwiegend wegen zu schwerer Begleiterkrankungen. Wertete man nur die Patienten aus, die an allen Druckkammersitzungen wie geplant teilnahmen, erlitten diese Patienten signifikant weniger große Amputationen und ein besseres AFS. Nicht verschwiegen werden sollte, dass andere Studien auch schon einmal positive Effekte der HBOT fanden. Die Autoren räumen auch ein, dass der fehlende Plazebo-Vergleich, der häufig späte Einsatz der HBOT im Krankheitsverlauf, die kleiner als geplante Anzahl an Patienten und die hohe Patientenausfallrate die Ergebnisse verzerrten. CB

Quelle:

Santema KTB et al.: Hyperbaric oxygen therapy in the treatment of ischemic lower extremity ulcers in patients with diabetes ... Diabetes Care 2017; Epub Oct 26: pii: dc170654, doi: 10.2337/ dc17-0654

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