Risiko chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Praxis-Depesche 12/2021

Im Zweifel für den PPI

Die regelmäßige Einnahme von Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) steigert das Risiko chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen um 42 %, wie aus einer chinesischen Beobachtungsstudie hervorgeht – ein auf den ersten Blick erschreckendes Ergebnis, das aber im Kontext betrachtet werden muss.
Praxisfazit
In Beobachtungsstudien wurde die PPI-Einnahme mit zahlreichen weiteren Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Pneumonien, Nierenerkrankungen, Myokardinfarkten und Demenz. Die im Text zitierte randomisierte Studie des COMPASS-Teams konnte diese Assoziationen aber nicht bestätigen. Das spricht dafür, dass in Beobachtungsstudien, die die Auswirkungen einer PPI-Einnahme untersuchen, insgesamt ein hohes Risiko für unerkanntes oder residuelles Confounding besteht – ob das auch für CED gilt, bleibt abzuwarten.
Die Beobachtungsstudie basiert auf den gepoolten Daten dreier Kohorten: der Nurses’ Health Study I und II, die insgesamt 178.010 Teilnehmer umfassen, sowie der UK Biobank mit 469.397 Teilnehmern. Um den Zusammenhang zwischen der PPI-Einnahme und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) möglichst unverfälscht betrachten zu können, bereinigten die Autoren die Daten auf potenzielle Confounder, darunter soziodemographische Merkmale, Lebensstilfaktoren und die Medikation. Auch anderen Faktoren, die die Fehleranfälligkeit von Beobachtungsstudien erhöhen können – z. B. einer umgekehrten Kausalität oder einer Verzerrung durch Indikation – wurde anhand verschiedener Analysestrategien Rechnung getragen.
Im Cox-Regressionsmodell zeigte sich, dass PPI-Anwender im Vergleich zu Nicht-Anwendern ein um 42 % höheres CED-Risiko haben. Die Ergebnisse waren robust und blieben über verschiedene statistische Analysen konstant. Das absolute Risiko war jedoch eher gering: So lag die „number needed to harm“ bei 3.770, was bedeutet, dass unter 3.770 mit PPI behandelten Personen ein zusätzlicher Fall von CED zu erwarten ist – ein Risiko, das in Anbetracht der offenkundigen Vorteile von PPIs in Kauf genommen werden kann, meinen die Autoren.
Aus biologischer Sicht ist eine Assoziation zwischen PPIs und der CED-Entstehung plausibel: Beobachtungsstudien sowie eine randomisierte Untersuchung des COMPASS-Studienprogramms konnten zeigen, dass die Einnahme von PPIs mit einem erhöhten Risiko verschiedener Darminfektionen verbunden ist, was wiederum die Entstehung einer CED fördern könnte. Alleine aus dieser Beobachtung einen kausalen Zusammenhang zwischen der PPI-Einnahme und der Entwicklung einer CED abzuleiten, wäre allerdings falsch, heißt es dazu in einem Kommentar im Fachmagazin Gastroenterology. Dazu seien weitere Nachweise einer Kausalität nötig, etwa eine Dosis-Wirkungs-Beziehung. RG
Quelle: Xia B et al.: Regular use of proton pump inhibitor and the risk of inflammatory bowel disease ... Gastroenterology 2021; 161(6): 1842-52.e10
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