Erfolg der Gentherapie

Praxis-Depesche 1/2018

Ist Hämophilie bald heilbar?

Patienten mit Hämophilie A oder B sind auf eine regelmäßige Substitution der fehlenden oder unzureichend endogen synthetisierten Gerinnungsfaktoren VIII oder IX  (F-IX) angewiesen. Die Substitution erfolgt dabei i.v. oder vielleicht bald s.c., führt aber in jedem Fall zu Einschränkungen der Lebensqualität und zu Adhärenzproblemen. Jetzt schafften es Forscher, Hämophilie-B-Patienten durch eine einzige Infusion eines gentechnisch veränderten Adenovirus für ein Jahr von den zuvor notwendigen prophylaktischen F-IX-Infusionen zu befreien – ein Meilenstein in der Hämophilietherapie, sollten sich Langzeitsicherheit und -effektivität bestätigen.

Adenoviren werden bei gentherapeutischen Ansätzen häufig verwendet, so auch in dieser Studie. Zehn Hämophilie-B-Patienten mit einer unter 2% liegenden F-IX-Aktivität erhielten eine einmalige Infusion eines Vektors aus adeno­assoziierten Viren (AAV), der Codon-­optimierte F9-Padua-Mini-Gene enthielt (ein Genschnipsel, der – einmal in der Leber angekommen – in der Lage ist, F-IX zu synthetisieren). Vor der als „SPK-9001“ bezeichneten Infusion applizierte man den Patienten einmalig eine 100%-Korrekturdosis ihres regulären Faktorpräparates, um die Vektor-Transduktion zu verbessern.
Es kam zu keinerlei schwerwiegenden Neben­wirkungen. Während der 52-wöchigen Nachbeobachtung wurde eine anhaltende F-IX-Aktivität erzielt, mit einer mittleren Aktivität von 34%. Die jährliche Blutungsrate sank von 11,1 vor der Infusion auf 0,4 pro Jahr nach der SPK-9001-Gabe. Auch die Notwendigkeit einer zusätzlichen Faktorgabe sank signifikant.
8 von 10 Patienten mussten gar keine Faktorpräparate mehr spritzen, und 9 von 10 erlitten keine Blutungen mehr. Zwei Patienten entwickelten eine asymptomatische Leberenzym­erhöhung, die mit kurzzeitiger Prednisolon­gabe behandelt werden konnte.
Es wird noch einiges an Faktorpräparaten in Blutervenen fließen, ehe die Gentherapie der Hämophilie in der Klinik zum Standard wird. Aber die ersten Ergebnisse dieser zehn Patienten sind ermutigend.CB

Quelle:

George LA et al.: Hemophilia B gene therapy with a high-specific-activity factor IX variant. N Engl J Med 2017; 377: 2215-27

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