Febrile Neutropenie nach Chemo

Praxis-Depesche 9/2016

Kapillarfüllungszeit als Prädiktor

In etwa 25 bis 50% aller Fälle kommt es nach einer Chemotherapie zu einer Neutropenie des Patienten. Oft sind Sepsis und Organversagen die Folge, vor allem bei Patienten mit Fieber. Wie hoch das Risiko dafür ist, kann man an der kapillären Füllungszeit ablesen.

Liegt bei Patienten mit febriler Neutropenie innerhalb von 30 Minuten kein Blutbild vor, sollten umgehend Breitbandantibiotika eingesetzt werden. Inwiefern sich dieser Ernstfall anhand der kapillären Füllungszeit (KFZ) vorhersagen lässt, untersuchten Forscher nun an 50 chemotherapeutisch behandelten Patienten mit febriler Neutropenie an ihrem Tiefpunkt (Neutrophilcount <500/mm³ oder 500 bis 1000/mm³ mit sinkender Tendenz). Weitere Einschlusskriterien waren neben den Fieberanzeichen mindestens drei erfüllte SIRS-Kriterien (systemic inflammatory response syndrome), systolischer RR ≥75 mmHg, O2/FiO2-Sättigungsrate >300 und ≥15 Punkte auf der Glasgow-Koma-Skala.
Zur Bestimmung der KFZ wurde die Spitze des Zeigefingers für 15 Sekunden zusammengedrückt und die Zeit bis zur Normalisierung der Hautfärbung gestoppt (mehr als drei Sekunden galten als verzögert). Zudem wurde der Temperaturgradient zwischen Gehörgang und ipsilateralem Hallux gemessen (periphere Vasonkonstriktion ab einem Gradienten von 7°C).
34 der 50 Patienten wiesen eine KFZ von über drei Sekunden auf. Bei 31 von ihnen überstieg der Temperaturgradient 7°C. Dagegen traf dies nur auf drei Patienten mit niedrigerer KFZ zu. Eine KFZ ≥3 s korrespondierte mit einem Laktatspiegel von mehr als 18 mg/dl (Standardmaß für die Schwere einer Neutropenie). Eine mehr als dreisekündige KFZ erwies sich damit als signifikanter Prädiktor für die Erfordernis einer Antibiotika-Eskalation. OH
Quelle:

Ponte AG, Jácomo RH: Capillary refill time ... Rev Assoc Med Bras 2016; 62(4): 320-3

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