Gonarthrose und Schmerz

Praxis-Depesche 4/2017

Katastrophisieren als Outcome-Marker

„Was ist, wenn diese Schmerzen gar nicht mehr weggehen?“ „Habe ich eine schlimme Krankheit?“ Das sind typische Gedanken, wenn ein Schmerz-Patient katastrophisiert. Nun fand man heraus, dass ein solches Katastrophisieren ein besserer Prädiktor für das Outcome bei Patientinnen mit Gonarthrose ist als der radiologische Befund des Knies.

Bei 77 Patientinnen mit symptomatischer Gonarthrose erhoben Forscher neben Alter, BMI und dem radiologischen Befund beider Kniegelenke auch den Wert, den die Frauen auf der Pain Catastrophizing Scale (PCS) erreichten. Die PCS beinhaltet diese 13 Fragen:
  • Ich mache mir ständig Sorgen, ob die Schmerzen wohl jemals aufhören werden?
  • Ich denke, ich kann nicht mehr.
  • Der Zustand ist schrecklich und ich denke, dass es nie mehr besser wird.
  • Der Zustand ist furchtbar und droht mich zu überwältigen.
  • Ich habe das Gefühl, ich halte es nicht mehr aus.
  • Ich bekomme Angst, dass die Schmerzen noch stärker werden.
  • Ich denke ständig an andere Situationen, in denen ich Schmerzen hatte.
  • Ich wünsche mir verzweifelt, dass die Schmerzen weg gehen.
  • Ich kann nicht aufhören, an die Schmerzen zu denken.
  • Ich denke ständig daran, wie sehr es schmerzt.
  • Ich denke ständig daran, wie sehr ich mir ein Ende der Schmerzen herbeiwünsche.
  • Es gibt nichts, was ich tun kann, um die Schmerzen zu lindern.
  • Ich mache mir Sorgen, dass die Schmerzen auf etwas Schlimmes hindeuten.
Für jede Antwort addiert man zwischen 0 und 4 Punkten (0=trifft überhaupt nicht zu, 1=trifft eher nicht zu, 2=teils-teils, 3=trifft eher zu, 4 trifft immer zu).
Zudem bewertete man in der Studie die Schmerzen mittels VAS (0 bis 100 mm) und machte einen TUG-Test (timed up and go; Zeit, die benötigt wird, um von einem Stuhl aufzustehen, drei Meter zu laufen, und sich wieder hinzusetzen).
Die Patientinnen waren im Schnitt 72 Jahre alt, wiesen einen PCS-Wert von 20 auf, gaben 26 mm auf der VAS-Schmerzskala an und benötigten 6 Sek. im TUG. Beim Schmerzwert spielte es keine Rolle, ob die Gonarthrose bioder unilateral vorhanden war; im TUGTest schnitten bilateral Betroffene im Schnitt schlechter ab. Mit der Schmerzschwere waren sowohl die PCS-Werte als auch der BMI signifikant assoziiert. Das TUG-Ergebnis wurde zudem signifikant von der röntgenologischen Arthroseausprägung und vom PCS beeinflusst. Somit scheint das Katastrophisieren bei Gonarthrose- Schmerzen mit dem klinischen Outcome assoziiert zu sein. Keinen Zusammenhang hingegen fand man zwischen radiologischem Befund und dem Outcome, ein aus der Praxis durchaus bekanntes Phänomen. Es könnte sich also lohnen, Patientinnen mit schmerzhafter Gonarthrose nach starken Angstgedanken bezüglich der Schmerzen zu befragen. CB
Quelle:

Ikemoto T et al.: Relationship between biological factors ... World J Orthop 2017; 8: 278-85

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