Stressinkontinenz bei Frauen

Praxis-Depesche 7/2021

Keine eindeutige Pathologie für das häufige Problem

Wie stark ist die Evidenz der einer Stressinkontinenz (SUI = stress urinary incontinence) zugrundeliegenden Pathologien? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer aktuellen Metaanalyse.
Die Prävalenz der Harninkontinenz liegt bei 28 %, wobei die Belastungs- oder Stressinkontinenz am häufigsten vorkommt. Sie ist definiert als unfreiwilliger Harnabgang bei körperlicher Belastung (Husten, Niesen, Heben, Springen, Treppensteigen, Aufstehen). Die Betroffenen, meist Frauen, weisen eine Schwäche der muskulären und bindegewebigen Strukturen auf, die für den wasserdichten Verschluss der Harnblase zuständig sind. Bei einer zusätzlichen Druckerhöhung im Bauchraum – zum Beispiel durch Lachen oder Niesen – geht ein Teil des in der Harnblase gesammelten Harns über die Harnröhre ab. Die Diagnose einer SUI und die anschließenden Therapieentscheidungen orientieren sich zuerst an den subjektiven Berichten der Patientin. Allerdings liefern diese keine Informationen zur verantwortlichen Pathologie und darauf beruhenden Behandlungsoptionen. Für die Metaanalyse wurden Datenbanken mithilfe vordefinierter Schlüsselbegriffe durchsucht. Die Veröffentlichungen sollten anatomische, physiologische oder funktionelle Unterschiede zwischen Frauen mit Anzeichen und/oder Symptomen einer SUI und einer gleichzeitig rekrutierten Kontrollgruppe von Frauen ohne wesentliche urogynäkologische Symptome beinhalten. Von 4.629 gefundenen Publikationen erfüllten 84 die Einschlusskriterien und wurden für die Analyse berücksichtigt. 24 dieser Studien waren in Metaanalysen einbezogen worden.
Die Selektionsverzerrung war moderat bis hoch. Weniger als 25 % der Studien untersuchten die wichtigsten konfundierenden Variablen für SUI (z. B. Alter, BMI und Schwangerschaft). In vielen Studien fehlte die Standardisierung der Methoden, weshalb mehrere Messprobleme festgestellt wurden. Die Ergebnisse wurden qualitativ ausgewertet, und es wurden, soweit möglich, Metaanalysen durchgeführt. Strukturelle Defizite der Harnröhren- und Blasenhalsstruktur sowie in der neuromuskulären und mechanischen Funktion des quergestreiften Harnröhrensphinkters (SUS) und der M. Levator ani scheinen alle mit SUI assoziiert zu sein. Stark mit einer SUI assoziiert waren laut Metaanalysen folgende Befunde: eine Blasenhalserweiterung in Ruhe, die geringere funktionelle Harnröhrenlänge, die Unterstützung des Blasenhalses und der maximale Harnröhrenverschlussdruck. GS
Quelle: Falah-Hassani F et al.: The pathophysiology of stress urinary incontinence ... Int Urogynecol J 2021; 32(3): 501-552
ICD-Codes: N39.3

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