Rezidivierende tiefe Venenthrombosen

Praxis-Depesche 18/2005

Klinische Faktoren wichtiger als Laborwerte

Es wird kontrovers diskutiert, welchen Einfluss verschiedene Risikofaktoren auf die Rezidiv-Wahrscheinlichkeit tiefer Venenthrombosen haben. Um das Rezidiv-Risiko und begünstigende Faktoren zu ermitteln, wurde in den Niederlanden eine prospektive Studie durchgeführt.

474 Patienten im Alter von 18 bis 70 Jahren mit erstmaliger tiefer Venenthrombose wurden, in "Antikoagulations-Ambulanzen" betreut. Sie waren Teilnehmer der Leiden Thrombophilia Study (LETS). Maligne Erkrankungen waren bei ihnen ausgeschlossen worden. Die mittlere Beobachtungszeit lag bei über sieben Jahren. Ereignisse in den ersten 90 Therapie-Tagen wurden nicht berücksichtigt. In 90 Fällen kam es zu einem Rezidiv; dies ergab eine Rate von 25,9 pro 1000 Patientenjahre. In den ersten zwei Jahren betrug sie 31,9 pro 1000 Jahre. Das Rezidivrisiko war bei Männern 2,7mal höher als bei Frauen. Bei idiopathischer Thrombose bestand ein höheres Rezidivrisiko (Hazard Ratio 1,9) als bei Ereignissen mit Auslösern wie Immobilisierung, Trauma, Einnahme oraler Kontrazeptiva. Patientinnen, die nach dem Ereignis die "Pille" einnahmen, hatten ein höheres Rezidiv-Risiko als die übrigen (28,0 Ereignisse pro 1000 Jahre vs. 12,9). Bei den biochemischen Risikofaktoren lagen die HR-Werte zwischen 0,6 (Faktor XI erhöht) und 1,8 (Defizite von Antithrombin, Protein C und Protein S). Keine Risikoerhöhung fand sich u. a. bei Faktor V Leiden und Prothrombin G20210A. Bei einem Plasma-Fibrinogen über 410 mg/dl betrug die HR 1,6; bei Patienten mit mehr als einer Anomalie waren es 1,4. Bereinigung der Daten um Alter, Geschlecht und Antikoagulanzien-Einnahme brachten kaum Änderungen. Thrombophile Anomalien scheinen keine wesentliche Rolle für das Rezidivrisiko tiefer Venenthrombosen zu spielen; ein Screening hat wenig Konsequenzen. Klinische Faktoren sind vermutlich wichtiger, um die Dauer der Antikoagulation festzulegen. Alle Betroffenen brauchen jedenfalls eine adäquate Prophylaxe in Risikosituationen. (MO)

Quelle: Christiansen, SC: Thrombophilia, Clinical factors, and recurrent venous thrombotic events, Zeitschrift: JAMA : THE JOURNAL OF THE AMERICAN MEDICAL ASSOCIATION, Ausgabe 293 (2005), Seiten: 2352-2361

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