CAVE Antihypertensiva

Praxis-Depesche 11/2015

Kognitiver Abbau durch Blutdrucksenkung

Die Resultate verschiedener Studien zum Zusammenhang zwischen Blutdruckhöhe und Demenzrisiko sind verwirrend unterschiedlich. Italienische Internisten und Geriater weisen nun in einer großen Kohortenstudie auf den möglichen negativen Effekt einer starken medikamentösen Blutdrucksenkung auf die Kognition älterer, kognitiv bereits beeinträchtigter Menschen hin. Die Ergebnisse haben durchaus eine Relevanz für die tagtägliche Behandlung von älteren Hypertonikern.

Kommentar

Eine aggressive Blutdrucksenkung mit Antihypertensiva kann bei älteren Patienten mit Demenz, aber auch jenen mit einer MCI (Mild Cognitive Impairmant) unabhängig von anderen Faktoren zu einer stärkeren kognitiven Verschlechterung führen. Entgegen der Maxime „Je niedriger desto besser“, die Internisten befürworten, scheint dieser Studie zufolge aus neurologischer Sicht (hinsichtlich der Kognition) ein SBP am Tage von 130 bis 145 mmHg am vorteilhaftesten zu sein.

Redaktion Praxis-Depesche
Zwischen 2009 und 2012 wurden 172 in zwei Gedächtnisambulanzen behandelte Patienten in die Studie eingeschlossen. Im Durchschnitt waren sie 79 Jahre alt und zu mehr als 60% weiblich. Ihre kognitiven Leistungen waren mit einem MMST-Wert von 22,1 (4.4) schon deutlich eingeschränkt. 117 (68,0%) hatten eine Demenz und 55 (32,0%) eine Mild Cognitive Impairment (MCI). Fast drei Viertel wiesen einen Bluthochdruck auf, mehr als zwei Drittel (n=120; 69,8%) wurden deswegen mit gebräuchlichen Antihypertensiva wie ACE-Hemmern, Kalziumkanal-Antagonisten, Betablokkern, Diuretika etc. behandelt.
Der Blutdruck wurde mittels 24-h-Messung erfasst, kognitive Veränderungen mit dem MMST dokumentiert. Alle Teilnehmer wurden über median neun Monate lang nachverfolgt.
Die Patienten, die sich mit ihrem systolischen Blutdruck (SBP) am Tage (9 bis 19 Uhr) anfänglich in der niedrigsten Terzile (≤ 128 mmHg) befanden, wiesen mit einem Unterschied von -2,8 Punkten zwischen Einschluss und Follow-up eine deutlich größere durchschnittliche MMST-Verschlechterung auf als jene mit einem SBP in der mittleren (129-144 mmHg: -0,7; p=0,002) und jene in der höchsten Terzile (≥ 145 mmHg: -0,7; p=0,003).
Der Zusammenhang war in den beiden Subgruppen (MCI und Demenz) nur für jene Patienten signifikant, die mit Antihypertensiva behandelt wurden (nicht bei jenen mit „natürlich“ niedrigem Blutdruck). In dieser Gruppe lag die MMST-Verschlechterung bei -3,9 in der niedrigsten vs. -0,6 bzw. -0,4 in der mittleren bzw. höchsten Terzile (je p<0,001). Die Interaktion war im Multivarianz-Modell unabhängig von Alter, MMST-Ausgangswert, vaskulärer Komorbidität etc. nachweisbar. Numerisch war auch die Zahl der Synkopen und Klinikeinweisungen in der niedrigsten SBP-Terzile erhöht. Andere 24-h- Messvariablen standen mit den MMST-Veränderungen in keinem Zusammenhang. JL
Quelle:

Mossello E et al.: Effects of low blood pressure in cognitively impaired elderly patients treated with antihypertensive drugs. JAMA Intern Med 2015; 175(4): 578-85

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