Praxis-Depesche 21/2003

Man sieht, was man sehen will

"Einmal hatte ich einen 22-jährigen Patienten zu untersuchen, der mit akuter nekrotisierender Pankreatitis kam. Ich war unter Zeitdruck und beschränkte mich auf symptombezogene Fragen, sah mir kurz seinen Bauch an und schickte ihn auf die Station. Dort meinte man, er sei komplett untersucht worden; eher zufällig wurde eine Stuhlprobe auf okkultes Blut getestet - positiv. Es ergab sich eine familiäre Polypose, und bei der Kolektomie fand man viele prämaligne Läsionen. Bei einer 35-jährigen Patientin besserte sich die Pneumonie trotz mehrfach geänderter Antibiotikatherapie nicht. Als mein Oberarzt nicht nur, wie ich immer wieder, die Lungen auskultierte, sondern auch das Herz, stellte er eine Aorteninsuffizienz bei Endokarditis fest. Trotz sofortiger OP starb die Frau. Ich hatte gesehen, was ich sehen wollte. Man darf sich aber nicht auf das Vordergründige beschränken. Wenn ein Patient nicht reagiert wie erwartet, muss man mit der Untersuchung von vorne beginnen." Prof. P. G. Lankisch, Städtisches Krankenhaus Lüneburg

"Einmal hatte ich einen 22-jährigen Patienten zu untersuchen, der mit akuter nekrotisierender Pankreatitis kam. Ich war unter Zeitdruck und beschränkte mich auf symptombezogene Fragen, sah mir kurz seinen Bauch an und schickte ihn auf die Station. Dort meinte man, er sei komplett untersucht worden; eher zufällig wurde eine Stuhlprobe auf okkultes Blut getestet - positiv. Es ergab sich eine familiäre Polypose, und bei der Kolektomie fand man viele prämaligne Läsionen. Bei einer 35-jährigen Patientin besserte sich die Pneumonie trotz mehrfach geänderter Antibiotikatherapie nicht. Als mein Oberarzt nicht nur, wie ich immer wieder, die Lungen auskultierte, sondern auch das Herz, stellte er eine Aorteninsuffizienz bei Endokarditis fest. Trotz sofortiger OP starb die Frau. Ich hatte gesehen, was ich sehen wollte. Man darf sich aber nicht auf das Vordergründige beschränken. Wenn ein Patient nicht reagiert wie erwartet, muss man mit der Untersuchung von vorne beginnen." Prof. P. G. Lankisch, Städtisches Krankenhaus Lüneburg

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