Praxis-Depesche 23/2003

Management der COPD

Eine Übersichtsarbeit fasst den aktuellen Stand der therapeutischen Möglichkeiten bei chronisch obstruktiver Lungenkrankheit (COPD) zusammen.

Die COPD ist eine der häufigsten zum Tode führenden Krankheiten weltweit. 1990 stand sie an sechster Stelle der Todesursachen-Statistik, im Jahr 2000 an vierter Stelle. Bis 2020, so Experten, wird sie bereits Rang 3 einnehmen. Welche erheblichen Beeinträchtigungen die COPD mit sich bringt, verdeutlicht eine britische Studie mit 2500 COPD-Patienten: 73% der Betroffenen waren in Folge ihrer Krankheit nicht in der Lage, wichtigen täglichen Aktivitäten nachzugehen. Experten der unter Mitwirkung der WHO ins Leben gerufenen GOLD-Initiative (Global initiative for chronic Obstructive Lunge Disease) haben sich auf folgende Definition für die COPD geeinigt: "Die COPD ist durch eine nicht voll reversible Limitation des Atemstromes gekennzeichnet. Die Limitation ist in den meisten Fällen progredient und mit abnormalen inflammatorischen Reaktionen der Luge auf Noxen-Partikel oder Gase assoziiert". Die Diagnose der COPD basiert auf einer typischen Anamnese mit persistierenden, progredienten Symptomen, einem entsprechenden Risikoprofil (z. B. Rauchen) und einem bestätigenden spirometrischen Befund. Die Reversibilität nach Gabe eines Bronchodilatators spielt diagnostisch nur eine untergeordnete Rolle. Aussagekräftiger ist dagegen die fehlende Normalisierung der Lungenfunktion nach Applikation eines Bronchodilatators. Patienten, die früh im Verlauf einer COPD mit dem Rauchen aufhören, können nicht nur ihre Lungenfunktion verbessern oder sogar normalisieren. Auch die Überlebensrate verbessert sich. Ob dies auch noch in fortgeschritteneren Stadien gilt, ist unklar. Allerdings weisen Ex-Raucher unter den COPD-Patienten bei vergleichbar schlechter Lungenfunktion einen besseren allgemeinen Gesundheitszustand auf. Rauchenden Patienten können verschiedene Entwöhnungshilfen (z. B. Nikotinersatztherapie, Bupropion) angeboten werden. Insbesondere bei weißen COPD-Patienten mit Emphysem, die keine oder nur eine geringe Tabak-Exposition aufweisen oder deren Krankheit nach dem 50. Lebensjahr manifest wurde, sollte an einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel gedacht werden. Gegebenenfalls kann eine Substitutionstherapie die Progression der COPD in diesen Fällen günstig beeinflussen, wenngleich die Erfahrungen bisher begrenzt sind. Die wichtigsten Ziele der Therapie einer stabilen COPD sind es, die Symptome unter Kontrolle zu halten, die Belastungskapazität zu verbessern und Exazerbationen zu verhindern. Da die Atemwegsobstuktion konstanter Bestandteil der COPD ist, gilt es, eine dauerhafte und effektive Bronchodilatation zu erzielen. Dies ist dank moderner langwirkender inhalativer Betamimetika oder Anticholinergika mittlerweile ohne nennenswerte Nebenwirkungen möglich. Theophyllin-Präparate spielen wegen ihres Nebenwirkungspotenzials heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Tiotropium soll den langwirkenden inhalativen Betamimetika überlegen sein. Inhalative Kortikoide werden bei COPD häufig verwendet, jedoch ohne dass ihr Effekt ausreichend wissenschaftlich gesichert ist. Sie verringern bei Patienten mit schwererer COPD die Häufigkeit von Exazerbationen, können jedoch das Nachlassen der Lungenfunktion nicht aufhalten. Es spricht einiges dafür, dass die Gabe inhalativer Kortikoide mit weniger Krankenhauseinweisungen und einer geringeren Mortalität assoziiert ist. Kürzlich kamen große, prospektive und randomisierte Studien zu dem Ergebnis, dass eine Kombination inhalativer Kortikoide mit langwirkenden inhalativen Bronchodilatatoren bei Patienten mit einem FEV1 unter 50%, die regelmäßig Exazerbationen haben, nützlich ist: Die Symptome, die Lungenfunktion und der Gesundheitsstatus bessern sich und die Zahl der Exazerbationen lässt nach. Ein weiterer therapeutischer Ansatz ist die Teilnahme an einem Rehabilitationsprogramm, zu dem u. a. eine mehrwöchige Bewegungstherapie und eine Schulung gehören. Dadurch lassen sich die Belastungskapazität und die Symptome verbessern. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass sich die erzielten Effekte im Verlauf von rund eineinhalb Jahren deutlich abschwächen. Patienten mit schwerer COPD können von einer Sauerstoff-Therapie profitieren. Wenn der arterielle O2-Partialdruck bereits unter 7,3 kPa liegt, kann eine tägliche Sauerstoff-Insufflation über mindestens 15 Stunden das Leben verlängern. Bei einer weniger ausgeprägten Hypoxie werden keine entsprechenden Effekte beobachtet. In den USA hat sich auch die unterstützende Sauerstoffgabe bei körperlichen Belastungen etabliert, wobei noch unklar ist, ob der beobachtete günstige Effekt nur bei hypoxischen Patienten auftritt. Schließlich gibt es auch noch die Möglichkeit, Sauerstoff nur unterstützend bei Exazerbationen oder vor einer geplanten anstrengenden Tätigkeit einzusetzen. Ein neuer Therapieansatz bei schwerer COPD ist die operative Verkleinerung des Lungenvolumens. Zwei randomisierte kontrollierte Studien haben gezeigt, dass diese Therapie die Belastungskapazität und den Gesundheitsstatus verbessert. Das Operationsrisiko ist allerdings zu groß, wenn der FEV1-Wert unter 20% liegt oder das Emphysem im CT-Bild eine homogene Verteilung zeigt. Rund 30% der Exazerbationen einer COPD sind durch Virusinfektionen getriggert, wobei in 30 bis 50% der Fälle eine bakterielle Kontamination dazu kommt. Eine prophylaktische Antibiotika-Gabe kann die Häufigkeit von Exazerbationen nicht verringern. Allerdings ist es sinnvoll, COPD-Patienten regelmäßig gegen Influenza impfen zu lassen. Medikamentös werden Exazerbationen in der Regel mit Dosiserhöhungen der bronchodilatatorischen Wirkstoffe behandelt. Eine Antibiotika-Gabe kann sinnvoll sein, wenn die Dyspnoe zunimmt und größere Mengen purulentes Sputum ausgehustet werden. Orale Kortikosteroide (30 mg Prednisolon für sieben bis zehn Tage) bessern die Symptome und verringern die Dauer von Krankenhausaufenthalten. (UB)

Quelle: Calverley, PMA: Chronic obstructive pulmonary disease, Zeitschrift: THE LANCET, Ausgabe 362 (2003), Seiten: 1053-1058

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