Ein 42-jähriger Mann klagte bei der stationären Aufnahme über starke Schmerzen in der Brust, Übelkeit und Erbrechen. Er war bradykard; das EKG zeigte einen totalen AV-Block mit Ersatzrhythmus. Die Werte des Routinelabors waren bis auf ein erhöhtes Kalium im Serum normal. Wegen Verdachts auf Myokardinfarkt wurde eine Thrombolyse eingeleitet. Die Herzfrequenz ließ sich mit einem externen Schrittmacher normalisieren. Einige Stunden später wurde vom Labor ein stark erhöhter Digitoxin-Spiegel im Blut gemeldet. Daraufhin nochmals eingehend befragt, gab der Patient zu, in suizidaler Absicht 1000 mg Digitoxin geschluckt zu haben. Die Brustschmerzen hatte er simuliert, weil er seine Familie vor der Schande eines Selbstmords bewahren wollte. Der Patient wurde mit Aktivkohle, Colestyramin und Fab-Fragmenten gegen Digoxin therapiert und im weiteren Verlauf in eine psychiatrische Abteilung verlegt. (EH)
Suizidversuch
Praxis-Depesche 4/2001
"Myokardinfarkt" war Digitalisvergiftung
Dass hinter der Verdachtsdiagnose akuter Myokardinfarkt auch einmal eine toxikologische Überraschung stecken kann, zeigt die folgende Kasuistik.
Quelle: Brunner, G: A toxicological surprise, Zeitschrift: THE LANCET, Ausgabe 356 (2000), Seiten: 1406