Beta-Thalassämie und Sichelzellkrankheit

Kasuistik

Praxis-Depesche

Neue Gentherapie bei Beta-Thalassämie und Sichelzellkrankheit

Bei zwei Patientinnen wurden hämatopoetische Zellen mit dem CRISPR-Cas9- Nuclease-System genetisch so verändert, dass sie fetales Hämoglobin produzieren.
Erhöhte Spiegel an fetalem Hämoglobin senken bei β-Thalassämie (TDT) und Sichelzellkrankheit (SCD) Morbidität und Mortalität. Beide Erkrankungen treten erst nach der Umstellung auf adultes Hämoglobin auf. Patient:innen, bei denen weiterhin fetales Hämoglobin gebildet wird, bleiben symptomlos oder schwach symptomatisch. Einige der Mutationen, die zur erhöhten Expression des fetalen Hämoglobins führen, sind in dem Enhancer des Gens BCL11A lokalisiert. Für diese Studie wurde die DNASequenz des Enhancers in CD34-positiven hämatopoetischen Stamm- und Vorgängerzellen (HSPC) von zwei Patientinnen mit dem CRISPR-Cas9-Nuclease- System so verändert, dass weiterhin fetales Hämoglobin produziert wurde. Anschließend wurden diese Zellen den Patientinnen re-infundiert.
Patientin 1 war eine 19-jährige Frau mit β0/β+-TDT, die seit der Geburt jährlich 34 Einheiten Erythrozyten erhalten und mit zwei Jahren eine Chelat-Therapie begonnen hatte. Nach der Reinfusion der edierten HSPC (68,9 % genetisch verändert) stiegen die Spiegel des fetalen Hämoglobins schnell von 0,3 g/dl auf 8,4 g/dl nach 3 Monaten, 12,4 g/dl nach 12 Monaten und 13,1 g/dl nach 18 Monaten an. Ihre letzte Erythrozytentransfusion fand 30 Tage nach der HSPC-Infusion statt, der Hämoglobinspiegel normalisierte sich auf 12,1 g/dl in Monat 4.
Patientin 2 w ar 3 3 J ahre a lt, l itt a n S CD, erlebte in den zwei Jahren zuvor durchschnittlich 7 schwere vasookklusive Krisen, 3,5 SCD-bezogene Krankenhausaufenthalte und 5 Erythrozytentransfusionen jährlich. Sie erhielt zwei HSPCRetransfusionen mit 82,6 % und 78,7 % edierten Zellen. Ihr Hämoglobinspiegel stieg von 7,2 g/dl auf 10,1 g/dl nach 3 und 12 g/dl nach 15 Monaten – ohne Bluttransfusion. Zu Baseline lag der fetale Hämoglobinspiegel bei 9,1 %, der Anteil an Sichelzellenhämoglobin bei 74,1 %. In Monat 3 betrugen die Werte 37,2 % und 32,6 %, in Monat 15 43,2 % und 52,3 %. Die Patientin erlitt nach der Behandlung keine vasookklusive Krise mehr und erhielt die letzte Erythrozytentransfusion 19 Tage nach der Behandlung. MR
Quelle: Frangoul H et al.: CRISPR-Cas9 Gene Editing for Sickle Cell Disease and β-Thalassemia. N Engl J Med 2020, Dec 5. doi: 10.1056/NEJMoa2031054
ICD-Codes: D56.1
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