Hämatopoetische Erkrankungen

Praxis-Depesche

Neue Therapieoption bei chronischer Anämie

Kennzeichnend für hämatopoetische Erkrankungen wie die β-Thalassämie oder myelodysplastische Syndrome ist die chronische Anämie. Betroffene sind deshalb auf regelmäßige Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten angewiesen. Der vor kurzem zugelassene Wirkstoff Luspatercept (Reblozyl®) kann die Transfusionslast deutlich reduzieren.

Ursache der Blutarmut bei Myelodysplastischen Syndromen (MDS) und der ß-Thalassämie ist eine genetisch bedingte Störung der Erythropoese – die im Falle der ß-Thalassämie angeboren, bei MDS durch Mutationen erworben ist.
Die Symptomatik beider Krankheitsbilder resultiert vor allem aus dem Ausmaß der Anämie. Typisch sind körperliche Schwäche, Fatigue und Atemnot. Die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten könne die Leistungsinsuffizienz aber oft nur kurzfristig korrigieren, wie Prof. Uwe Platzbecker vom Universitätsklinikum Leipzig auf einer Veranstaltung von Bristol Myers Squibb ausführte. Zudem sind Bluttransfusionen wegen der häufigen ambulanten Aufenthalte nicht nur zeitintensiv, sie sind auch mit einem erheblichen Risiko für den Patienten verbunden. Dazu zählen akute Trans­fusionsreaktionen, die Übertragung von Infektionen oder die Bildung von Antikörpern. Auf lange Sicht besteht die Gefahr einer Eisenüberladung, die bei einer unzureichenden Therapie mit Eisenchelatoren zu endokrinen Störungen, Infertilität oder Diabetes führen kann.
Bislang waren die Behandlungsalternativen bei MDS und ß-Thalassämie begrenzt. Bei MDS-Patienten mit einem niedrigen Risiko für einen Übergang in eine akute myeloische Leukämie kann die Blutbildung mittels Erythropoetin angeregt werden. Jedoch schlägt die Therapie bei lediglich 40 % der Betroffenen an und die mediane Ansprechdauer beträgt etwa zwei Jahre. Ein kurzes Ansprechen zeigen vor allem MDS-Patienten mit so genannten Ringsideroblasten – Eisenablagerungen in den Mitochondrien der erythroiden Vorläuferzellen. Bei diesen Patienten ist auch die Transfusionsabhängigkeit oft hoch, was wiederum mit einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert ist.
Bei der ß-Thalassämie stehen zwar kurative Therapien zur Verfügung, darunter die Stammzelltransplantation und die Gentherapie, diese gehen aber ihrerseits mit erheblichen Risiken einher und sind nicht für alle Patienten geeignet.
Im Juni 2020 hat die Europäische Kommission die Zulassung für den Wirkstoff Luspatercept (Reblozyl®) erteilt, der die Transfusionslast bei Patienten mit ß-Thalassämie oder Niedrigrisiko-MDS mit Ringsideroblasten nachweislich senkt. Luspatercept ist der erste Vertreter einer neuartigen Wirkstoffklasse, der die Ausreifung der Erythrozyten im Spätstadium der Erythropoese fördert. Die zulassungsrelevanten Daten stammen aus den Phase-III-Studien MEDALIST und BELIEVE, die das Potenzial von Luspatercept zur sicheren und wirksamen Behandlung anämischer Patienten bestätigten.
Umfragen haben gezeigt, dass sich Betroffene durch die Abhängigkeit von regelmäßigen Bluttransfusionen in ihrem täglichen Leben deutlich eingeschränkt fühlen. Mit Luspatercept steht nun eine neue Therapieoption zur Verfügung, die die Lebensqualität von Patienten mit ß-Thalassämie oder MDS maßgeblich verbessern könnte. RG

Quelle:

Digitale Pressekonferenz: „Luspatercept (Reblozyl®) – neue Behandlungsoption zur Behandlung chronischer Anämie bei Patienten mit MDS und Beta-Thalassämie“; 29.09.2020; Veranstalter: Celgene GmbH, ein Unternehmen von Bristol Myers Squibb

ICD-Codes: D56.1

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