Stressinkontinenz

Praxis-Depesche 16/2004

Neue Therapieoption lässt Patientinnen hoffen

Die medikamentöse Therapie der Harninkontinenz war bisher häufig nicht er-folgreich, mit Nebeneffekten belastet und sehr unspezifisch. Einen neuen zentralnervösen Ansatz bietet Duloxetin, ein wirksamer und selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer.

Viele Untersuchungen haben eine Verbindung der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin mit der zentralnervösen Kontrolle des unteren Harntrakts aufgezeigt. Duloxetin hemmt deren Wiederaufnahme am präsynaptischen Neuron im Onuf-Nukleus des sakralen Rückenmarks. Dadurch erhöhen sich im synaptischen Spalt die Serotonin- und Noradrenalin-Konzentrationen über längere Zeit, alpha-1-adrenerge und serotonerge Rezeptoren im postsynaptischen pudendalen Motoneuron werden vermehrt stimuliert. In Tierexperimenten führte Gabe von Duloxetin zu einer dosisabhängigen fünffachen Erhöhung der Blasenkapazität und zu achtfachem Anstieg der elektromyographisch ermittelten Aktivität der quergestreiften Muskulatur des Harnröhrensphinkters in der Speicherungsphase des Miktionszyklus. Diese Fähigkeit von Duloxetin bildete die Basis für eine randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie, in der sechswöchige Behandlung mit Duloxetin (20 bis 40 mg/d) bei Frauen mit Stress- (Belastungs-)inkontinenz zu einem signifikanten Rückgang der Inkontinenz-Episoden führte. In einer Dosis-Findungsstudie mit 553 Frauen zeigte sich ein signifikanter und klinisch relevanter sowie dosisabhängiger Effekt von Duloxetin bei Stressinkontinenz: Die Zahl der Inkontinenz-Episoden wurde signifikant reduziert - mit 80 mg/d um 64% - und die Lebensqualität deutlich gesteigert. Die Wirkung von Duloxetin trat bereits innerhalb der ersten vier Wochen ein. Als häufigste Nebenwirkung wurde in 9 bis 13% der Fälle über Nausea berichtet. Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch drei große multinationale Phase-III-Studien. Auch hier verringerte sich unter Duloxetin im Vergleich zu Plazebo die Zahl der Inkontinenz-Episoden signifikant, der Effekt trat schnell ein und hielt über die gesamte Therapiedauer an. Das Miktionsintervall wurde verlängert. Dies spiegelte sich auch in einer verbesserten Lebensqualität der Frauen wider.

Quelle: Jost, WH: Duloxetine: mechanism of action at the lower urinary tract and Onuf´s nucleus, Zeitschrift: CLINICAL AUTONOMIC RESEARCH, Ausgabe 14 (2004), Seiten: 220-227

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