Alter Mann mit Gehstock.

Alzheimer-Krankheit

Praxis-Depesche 6/2022

Nicht die Gehgeschwindigkeit zählt, sondern die Pausen

Ein langsamer Gang kann ein Hinweis auf eine kognitive Beeinträchtigung sein, kann aber auch andere triftige Gründe haben. Was tatsächlich dahinter steckt, verrät ein Blick darauf, wie viele Erholungspausen eingelegt werden müssen.
Praxisfazit
Eine langsame Gehgeschwindigkeit lässt nur bedingt auf den kognitiven Status schließen. Für ein erhöhtes Kognitionsrisiko spricht ein langsamer Gang nur dann, wenn die Patientin oder der Patient dabei keine Ruhepausen benötigt. Denn dann liegen vermutlich eher andere Gründe für das Langsamgehen vor
Dem Zusammenhang ging man in einer Kohortenstudie auf den Grund, an der 520 anfänglich kognitiv gesunde Senior:innen im Alter von ≥ 60 Jahren (Durchschnittsalter 73 Jahre) teilnahmen. Über eine mittlere Nachbeobachtungszeit von 7,3 Jahren wurden in der Kohorte Neudiagnosen einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (mild cognitive impairment, MCI) oder einer Alzheimer-Demenz (AD) erfasst. Mittels Akzelerometrie wurde neben der 6-Meter-Gehgeschwindigkeit auch die Aktivitätsfragmentierung (der Grad, in dem eine Person zwischen Aktivität und Ruhe wechselt) beurteilt.
 
Auf Gehpausen achten
Insgesamt 12 % der untersuchten Senior: innen entwickelten eine leichte kognitive Beeinträchtigung oder Alzheimer- Demenz. Das Risiko für die Entwicklung einer beeinträchtigten Kognition nahm pro Verlangsamung des Gangs um 0,05 m/s um 7 % zu (Hazard Ratio, HR 1,07; p < 0,05). Die Aktivitätsfragmentierung, also wie oft die Patient:innen eine Pause einlegten, hatte allein keinen Einfluss auf das Risiko für Kognitionseinbußen, stand aber in Wechselwirkung mit der Gehgeschwindigkeit (HR 0,92; p ≤ 0,01).
Bei keinem oder seltenem Einlegen von Gehpausen war jede um 0,05 m/s langsamere Gehgeschwindigkeit mit einem um 19 % erhöhten Risiko für die Entwicklung einer kognitiven Beeinträchtigung assoziiert. Wurde dagegen mehrfach pausiert, verschwand der Zusammenhang zwischen Gehgeschwindigkeit und Kognition (HR 1,01). Das Einlegen vieler Pausen war bei langsam gehenden Teilnehmer: innen allerdings häufig mit einer Osteoarthritis der unteren Extremitäten (Odds Ratio, OR 1,31) und einem geringeren Rückgang der dominanten Handleistung im Pegboard-Test verbunden. Die Ergebnisse legen nahe, dass bei älteren Erwachsenen, die langsam gehen, häufigere Ruhepausen zwischen den Aktivitäten die körperliche Funktion aufrechterhalten und das Risiko für die Entwicklung einer zukünftigen kognitiven Beeinträchtigung verringern können. Ein Mangel an Kompensation kann auf subklinische neurologische Schäden hinweisen. GS
Quelle: Tian Q et al.: Association of combined slow gait and low ... JAMA Netw Open 2021; 4: e2135168
ICD-Codes: G30.9
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