Denkanstoß I

Praxis-Depesche 6/2018

Nicht-finanzielle Interessenkonflikte

Dass Wissenschaftler ihre Interessenkonflikte offenlegen müssen, ist mittlerweile gang und gäbe. Dabei handelt es sich aber immer nur um finanzielle „conflicts of interest“. Aber auch nicht-finanzielle Interessen können zu Konflikten bzgl. der Forschung eines Wissenschaftlers führen. Wie sollte man damit umgehen?

In der medizinischen Forschung werden finanzielle Unterstützungen von Studien und Wissenschaftlern mittlerweile meist einigermaßen transparent angegeben – häufig stellen die Vortragenden auf Kongressen ihren Präsentationen entsprechende Informationen voran; 
ebenso handhaben es medizinische Journals. Aber neben finanziellen Zuwendungen können auch politische, religiöse oder ideologische Einstellungen die berufliche Tätigkeit eines Menschen beeinflussen. Aus psychologischer Sicht haben diese sogar eine größere verhaltensbeeinflussende Wirkung als Geld (Ansehen, Ehre, Ruhm). Nicht-finanzielle Interessenkonflikte sollten daher vielleicht ebenso offengelegt werden wie finanzielle.
Auf der anderen Seite könnte dies aber ein zu tiefer Eingriff in die Privatsphäre darstellen und Raum für öffentliche Diskriminierungen schaffen. Auch ist fraglich, ob z. B. ideologische Ansichten in Bezug auf Interessenkonflikte überhaupt genauso behandelt werden können wie finanzielle Angelegenheiten. Zudem stellt eine gewisse „moralische und ideologische“ Diversität eben auch die Diversität in der Forschung sicher.
Sollte also ein Wissenschaftler z. B. angeben, ob ein naher Angehöriger an der Krankheit leidet, an der er gerade forscht? Sollte ein Ernährungswissenschaftler öffentlich machen, ob er selbst Veganer ist? Sollte ein Forscher, der sich gegen die Verwendung von embryonalen Stammzellen ausspricht, seine Religionszugehörigkeit preisgeben? CB
Quelle:

Wiersma M et al.: Should we try to manage non-financial interests? BMJ 2018; 361: k1240

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