Müde ... und überschätzt?

Praxis-Depesche 8/2018

Nur Frauen leiden unter Schlafentzug

Dass Schlafentzug die kognitive Leistungsfähigkeit beeinflussen kann, ist wohl unstrittig – viele Ärzte kennen dies aus leidvoller eigener Nachtdienst-Erfahrung. Wie sehr man sich aber selber kognitiv eingeschränkt fühlt, könnte vom Geschlecht abhängen: In einer Studie aus Schweden überschätzten sich in dieser Hinsicht nur Frauen systematisch.

Zwölf Männer und zwölf Frauen wurden in diese kleine Studie eingeschlossen. Alle Frauen nahmen orale Kontrazeptiva ein, um Einflüsse der Menstruation auf die Kognition möglichst gering zu halten. Die Probanden/innen durften entweder eine Nacht „normal“ schlafen (22:30 bis 06:30 Uhr), oder mussten die ganze Nacht wach bleiben. Alle mussten zusätzlich vor dem Zubettgehen eine willkürliche Zahlenfolge aus acht Ziffern auswendig lernen und diese am nächsten Tag wiedergeben (zur Überprüfung des Arbeitsgedächtnis). Beim Lernen der Zahlen wurden die Probanden wiederum entweder durch Geräusche gestört oder nicht.
Der Schlafentzug führte dazu, dass nur das objektive, nicht aber das subjektive Erinnerungsvermögen eingeschränkt war – jedoch nur bei Frauen. Bei den Männern zeigten sich durch Schlafentzug weder subjektive noch objektive kognitive Verschlechterungen. Die Lärmablenkung führte in allen Gruppen zu einer schlechteren Merkfähigkeit.
Besonders für Frauen könnte Schlafentzug also gefährlich sein, so die Autoren, da dieser zu einer Beeinträchtigung des Arbeitsgedächtnisses führt, Frauen in ihrer Selbsteinschätzung dies aber nicht wahrnehmen. In einer anderen Studie wurde gezeigt, dass Frauen bei Arbeitsgedächtnis-Tests eine höhere neuronale Aktivität im präfrontalen Kortex aufwiesen ... was eine Erklärung für die erhöhte Vulnerabilität bei Schlafentzug sein könnte. CB
Quelle:

Rångtell FH et al.: A single night of sleep loss impairs objective but not subjective working memory performance in a sex-dependent manner. J Sleep Res 2018; Epub Jan 2018; doi: 10.1111/jsr.12651

ICD-Codes: G47.9

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