Lymphdrainage bei Lipödem

15. Lipödem-Tag

Praxis-Depesche 12/2021

Oft langer Leidensweg bei Lipödem

Lipödem ist eine chronische schmerzhafte Fettverteilungsstörung, die viele Frauen betrifft. Relevante Lebensphasen, die das Lipödem zutage treten lassen, sind die der Hormonumstellung: Pubertät, Schwangerschaft oder Menopause. Adipositas ist in etwa 80 % der Fälle eine Komorbidität. Auf dem 15. Lipödem- Tag wurde der Fall einer aktuell 35-jährigen Patientin diskutiert.
Im Alter von 31 Jahren wurde die Frau im Klinikum Ernst von Bergmann, Potsdam, vorstellig. Zu dem Zeitpunkt war die konservative Therapie ausgeschöpft und sie zog eine Liposuktion in Erwägung, um ihre Schmerzen an Beinen und Armen zu lindern.
 
Mit Beginn der Pubertät dicke Beine und Po
Vorberichtlich war die Frau als Kind normalgewichtig und hat Leistungssport betrieben. Ab etwa elf Jahren wurden die Oberschenkel immer ausgeprägter, das sogenannte Reiterhosensyndrom war erkennbar. Mit 14 Jahren verstärkte sich die Symptomatik nicht nur an den Beinen, sondern auch das Gesäß war betroffen. Schließlich kamen Schmerzen hinzu. Als junge Erwachsene entwickelte die Patientin eine Thyreoiditis und eine Hypothyreose, die zunächst unbehandelt blieben. Infolgedessen kam es bei der Frau zu einer Gewichtszunahme. Aufgrund unkontrollierter Kalorienzufuhr und wenig Bewegung – begünstigt durch wiederkehrende psychische Belastungen mit depressiven Phasen, bedingt auch durch eine langjährige Mobbingvergangenheit – wurde sie zunehmend adipös. 2012 erlangte sie ein maximales Körpergewicht von über 130 kg. Aufgrund des Leidensdrucks folgte eine Gewichtsreduktion um ca. 25 kg mit Umfangsverringerungen – jedoch fast ausschließlich im Körperstammbereich.
 
Diagnose Lipödem
Nach Halten des Gewichts über zwei bis drei Jahre kam es zu einer erneuten Gewichtszunahme (plus 10 kg) aufgrund einer Fußverletzung und daraus resultierender mangelnder Bewegung. Eine in dem Zusammenhang konsultierte Ärztin diagnostizierte bei der Patientin im Alter von 29 Jahren Lipödem im Stadium 2 bis 3. Die Befunde im Bereich der Gliedmaßen und am Gesäß: Schwellungen, Druckschmerz, unerklärliche Hämatome und entzündliche Haut. Sekundär waren umfangsbedingt und durch Fettlappenbildung an den Knien Achsfehlstellungen mit resultierenden Schmerzen in Rücken, Hüften und Knien hinzugekommen. „Schwere Beine“ und ein allgemeines Erschöpfungsgefühl erschwerten den Alltag zusätzlich.
Verordnet wurde eine komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) mit zweimal wöchentlicher manueller Lymphdrainage (MLD) und ganztägigem Tragen von Flachstrick-Kompressionsbekleidung im Bereich der Arme und Beine. Begleitende Maßnahmen waren eine gesunde Ernährung mit reduzierter Kalorienzufuhr und viel trinken sowie tägliche Bewegung (u. a. Wassergymnastik). Mit diesen Maßnahmen, v. a. durch das konsequente Tragen der Flachstrick-Versorgungen, reduzierten sich die Schmerzen im Gliedmaßenbereich. Der Körperumfang nahm ebenfalls ab, allerdings an den Beinen nur bis zu einem Körpergewicht von 105 kg. Die Schmerzen im Hüftbereich nahmen aufgrund der entwickelten Disproportionen zu.
 
Start in ein beschwerdeärmeres Leben durch Liposuktionen
Schließlich konsultierte die Patientin mehrere Ärzte – und auch Dr. Mojtaba Ghods, Klinikum Ernst von Bergmann, mit dem Ziel, das Fortschreiten der chronischen Erkrankung zu verlangsamen. Dort unterzog sie sich zwischen 2017 und 2018 vier Liposuktionen; insgesamt wurden ihr mittels Vibrations-assistierter Liposuktion etwa 30 Liter Fett abgesaugt. Postoperativ wurde die Patientin versorgt mit Kühlung, abschwellenden Medikamenten und MLD. Essenziell war darüber hinaus das Tragen der Kompressionsbekleidung rund um die Uhr. Hinzu kam ein umfangreiches Selbstmanagementprogramm: viel trinken, Sport, Selbstmassage, Hautpflege sowie eine angepasste Kalorienzufuhr bei einer protein- und ballaststoffreichen Ernährung. Ein Jahr postoperativ war die Patientin nahezu schmerzfrei und vitaler. Aktuell benötigt sie keine MLD mehr, trägt aber weiter noch werktags ihre Kompressionsversorgung. ABE
ICD-Codes: R60.9
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