Praxis-Depesche Kongress-Bericht

Praxis-Depesche 8/2021

Onkologische Kardiologie im Fokus

In der Arbeitsgruppensitzung „ Aktuelle Themen in der Kardiologischen Onkologie“ auf der 87. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie DGK wurden aktuelle Aspekte der Onko-Kardiologie zusammengefasst, über den Zusammenhang zwischen Immun-Checkpoint-Inhibition und Myokarditis referiert sowie auf den hohen Stellenwert der Echokardiographie und der kardialen Magnetresonanztomographie bei onkologischen Patienten eingegangen.
Soweit fortgeschritten die moderne, multimodale Tumortherapie auch ist, noch beeinträchtigt sie signifikant die Lebensqualität und das Überleben von Krebspatienten nicht zuletzt wegen der durch Krebsmedikamente verursachten Kardiodysfunktion und Langzeitfolgen. Ziel der onkologischen Kardiologie, die in erster Linie auf der engen Zusammenarbeit von Herzspezialisten, Onkologen und Spezialisten für Bildgebungstechnik basiert, ist dabei eine individualisierte patientenorientierte Therapie zu ermöglichen.
 
Was ist Onko-Kardiologie?
Obwohl der Vortrag von Prof. Stephan von Haehling, Göttingen, unter dem Thema „Leitlinien in der Onko-Kardiologie“ stand, begann er diesen mit der Aussage, dass es eigentlich noch gar keine richtigen Leitlinien in der Onko-Kardiologie gibt, sondern lediglich Konsensus-und Positionspapiere. So ging er im folgenden näher auf Aspekte der Onko-Kardiologie ein und erklärte, dass sich diese nicht nur mit der Früherkennung und Prävention von durch Krebsmedikamente verursachte kardiale Dysfunktion und Herzinsuffizienz sondern auch mit dem direkten Einfluss der Tumorerkrankung auf das Herz-Kreislauf- System sowie mit den Auswirkungen von neuen Tumorerkrankungen bei Personen mit bekannter Herzinsuffizienz befasst. Viele der angewandten Krebsmedikamente wie Anthrazykline, VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)-, Proteasom-, Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) oder HER2(human epidermal growth factor receptor 2)-Antikörper gelten als potenziell kardiotoxisch. Als essenziell wird deshalb ein engmaschiges interdisziplinäres Therapiemonitoring mit Hilfe der kardialen Magnetresonanztomographie (MRT), von Elektrokardiogramm (EKG) sowie der Bestimmung von Biomarkern wie NT-proBNP (biologisch inaktives pro B-natriuretisches Peptid) und Troponin betrachtet. So sollte nicht nur bei diagnostizierten Dysfunktionen wie z. B. einer left ventricular dysfunction (LV) frühzeitig eine entsprechende Therapie initiiert werden, sondern auch vor Therapiebeginn eine kardiale Risikoabschätzung bei den Patienten erfolgen.
 
Nebenwirkungen der ICI
Eingehend auf die kardiovaskulären Nebenwirkungen durch die Behandlung mit ICIs, erklärte Prof. Antje Beling, Charité Berlin, dass bei einer solchen Behandlung zunehmend pathologische Immunreaktionen mit einer immer steigenden Zahl an schwerer Myokarditis beobachtet werden, die bis zu einem kardiogenen Schock führen können. In Untersuchungen an Mausmodellen konnte nun gezeigt werden, dass Immuncheckpointmoleküle wie PD-1 (programmed cell death protein 1) die gegen TnI (troponin I) gerichtete Autoantigenausschüttung kontrollieren. Mittels des Einsatzes von Immunproteasom-Inhibitoren (IPI) war es nun möglich diese Autoimmunantwort im Mausmodell zurückzufahren, was darauf schließen lässt, dass IPIs potenziell zur Behandlung bei ICI-bedingter herzspezifischer Autoimmunreaktion erfolgversprechend eingesetzt werden könnten.
 
Echokardiographie ist wichtig
Prof. Andreas Hagendorff, Universitätsmedizin Leipzig, betonte den hohen Stellenwert der Echokardiographie (EKG) beim onkologischen Patienten. Da die dadurch erfolgende LV-Funktionsanalyse – insbesondere die Strain-Analysen – eine frühzeitige Detektion der Kardiotoxizität ermöglicht sowie Autoimmunbedingte Inflammationen in ihrem Ausmaß und ihrer myokardialen Lokalisation detektiert werden könnten, ist ein EKG im Verlauf der onkologischen Therapie aber auch zur Statuserhebung davor indiziert.
 
Vorteile des kardialen MRT
Dr. Niels Holm, Stadtspital Waid und Triemli, ging in seinem Vortrag auf die Vorzüge des Einsatzes der kardialen Magnetresonanztomographie (MRT) bei der Diagnose von kardiovaskulären Vorerkrankungen, beim Risikoassessment und der Prävention von Revaskularisation sowie der Etablierung einer Anti-Remodeling-Therapie vor Beginn einer Chemotherapie ein. Er erklärte zudem den hohen Stellenwert eines solchen MRT bei der Überwachung von akuter toxischer Myokarditis sowie akuter und chronischer Herzinsuffizienz während und nach Chemotherapien. GH

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