In den USA verloren zwischen April 2020 und Mai 2021 geschätzt über 142.000 Personen unter 18 Jahren ein Elternteil oder eine Vormundsperson direkt oder indirekt durch COVID-19. Weltweit wird die Zahl der durch die Pandemie zu Waisen oder Halbwaisen gewordenen Kinder auf über 1,1 Millionen geschätzt.
Die besonderen Umstände der Pandemie machen das psychische Trauma besonders schwer. Beispielsweise konnten viele Kinder und Jugendliche nur per Videochat Kontakt zu ihren sterbenden Eltern aufnehmen. Ein Begräbnis, dass vielen Menschen bei der Bewältigung ihrer Trauer hilft, fand aufgrund der Infektionsgefahr oft nicht statt. Die immer noch anhaltende Ausnahmesituation manifestiert sich bei vielen hinterbliebenen Kindern in bleibenden Ängsten um den Verlust weiterer Verwandter oder um das eigene Leben. War der verstorbene Elternteil offenkundiger Impf- oder Maskenverweigerer, kommen oft auch Scham- oder Wutgefühle und unter Umständen auch Stigmatisierung durch andere hinzu. Manche Kinder und Jugendliche haben dagegen mit starken Schuldgefühlen zu kämpfen.
Der Tod eines Elternteils geht im Allgemeinen mit einem kumulativen Risiko für Depression, posttraumatischer Belastungsstörung, Suizidgedanken und -versuchen, einem erhöhten Risiko für Substanzmissbrauch, Gewalt, riskantem Sexualverhalten und sexuellem Missbrauch sowie einer geringeren Schulbildung einher. Besonders lang anhaltende Folgen sind bei Kindern mit psychischer Vorbelastung zu erwarten, da die Trauerbewältigung in diesen Fällen oft mehr Zeit braucht.
Bei der Unterstützung betroffener Familien ist es ratsam daran zu erinnern, dass jeder auf seine Weise mit Trauer umgeht und vorübergehende Schlafprobleme oder schulische Leistungseinbrüche kein Grund zur Sorge oder gar für eine Ermahnung des Kindes sind. Um das Sicherheitsgefühl der trauernden Kinder und Jugendlichen zu stärken, sollte man die Familie zur Einhaltung der geltenden Infektionsschutzmaßnahmen motivieren. OB