Überaktive Blase

Praxis-Depesche 8/2017

Plazebo-Effekt aufgeklärt

In Studien mit Medikamenten gegen überaktive Blase fällt oft ein starker Plazebo-Effekt auf. Es gibt verschiedene Faktoren, die zu diesem Phänomen beitragen könnten.

Experten aus Kanada, Großbritannien und von Astellas-Pharma suchten nach Aufklärung anhand von vier randomisierten, plazebokontrollierten Studien der Phase 3, in denen Frauen mit überaktiver Blase mit Solifenacin behandelt wurden. Alle Frauen schieden im Studienverlauf weniger Urin aus als zu Anfang. Der Rückgang des 24-h-Volumens war aber unter Plazebo ausgeprägter als unter Verum. Die Solifenacin-Teilnehmerinnen mussten seltener Wasser lassen, wobei sie jedesmal aber mehr Urin ausschieden. Ein Rückgang der Miktionsfrequenz wurde in Verum- und Kontrollgruppe registriert. Wenn die Miktionsfrequenz hinsichtlich des Harnvolumens korrigiert wurde, verschwand der Plazeboeffekt fast völlig.
Unter der Annahme, dass die ausgeschiedene Urinmenge gut mit der Flüssigkeitsaufnahme korreliert, folgt aus den Ergebnissen, dass eine stärkere Restriktion der Trinkmenge fast völlig den Rückgang der Miktionsfrequenz unter Plazebo erklärt.
Eine Crossover-Studie bei Patienten mit einschlägigen Symptomen hatte gezeigt, dass eine Reduktion der Flüssigkeitsaufnahme um 25% die Beschwerden deutlich vermindert. Ein Cochrane-Review zu anticholinergen Mitteln bei überaktiver Blase hatte ergeben, dass 41% der Teilnehmer unter Plazebo eine Verbesserung der Symptome bemerkten, verglichen mit 56% unter aktiver Behandlung – ein nicht sehr eindrucksvoller Unterschied. Die Autoren glauben, dass der wirkliche Therapieeffekt erheblich größer ist, weil Plazebo-Patienten das Ergebnis verfälschen. WE
Quelle:

Herschorn S et al.: Could reduced fluid intake cause the placebo effect ... Urology 2017; 106: 55-9

ICD-Codes: N32.8

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