60. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP)

Praxis-Depesche 4/2019

Pneumologie – interdisziplinär – interaktiv

Tabakentwöhnung bei COPD-Patienten hocheffektiv – Versorgungsrealität des frühkindlichen Asthmas – Pneumo meets Nephrologie – E-Zigaretten sind der falsche Weg

Die Erkenntnis, dass viele pneumologische Krankheitsbilder des erwachsenen Menschen ihren Ursprung oder zumindest wesentliche Grundlagen bereits in der Kindheit haben, hat sich in den letzten Jahren zunehmend durchgesetzt. Dies und viele weitere aktuelle Themen standen im Fokus der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP).
 
ATEMM-Studie: Tabakentwöhnung ist bei COPD hocheffektiv
 
Trotz Aufklärungsmaßnahmen und stetiger Ermahnung seitens der behandelnden Ärzte rauchen 30 bis 50 % aller COPD-Patienten fröhlich weiter – obwohl die Rauchabstinenz nachweislich die Prognose dieser Erkrankung verbessert. Die deutsche Gesetzeslage verhindert derzeit eine Kostenübernahme der Maßnahmen zur Tabakentwöhnung. Vielleicht können die Ergebnisse der ATEMM-Studie ein Umdenken bewirken: Hier bekamen die Patienten eine leitliniengerechte ärztliche und psychotherapeutische State-of-the-Art-Tabakentwöhnung inklusive medikamentöser Unterstützung, deren Kosten vollständig übernommen wurden (Maximalintervention). Nach zwölf Monaten waren 47 % der Teilnehmer komplett rauchfrei, aber nur 8 % in der Vergleichsgruppe mit Minimalintervention (ärztliche Kurzberatung ohne Zufinanzierung der Medikamente). Bei der Maximalintervention war die Chance einer dauerhaften Abstinenz 10 x höher als bei der minimalen Unterstützung.
 
Frühkindliches Asthma: Leitlinie versus Realität
 
Ein Vortrag der Sektion Pädiatrische Pneumologie befasste sich mit der Therapie des frühkindlichen Asthmas (Altersspektrum ein bis sechs Jahre) bzw. damit, wie passt die Vorgabe der Leitlinie, die unverändert Monotherapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) empfiehlt, zur tatsächlichen Verschreibungspraxis? Die retrospektive Analyse von 2.184 Patienten im Alter von ein bis 18 Jahren zeigte, dass in 436 Fällen die Diagnose „frühkindliches Asthma“ gestellt wurde, in 47 % der Fälle Montelukast, in 37,8 % ICS plus LABA, nur in 14,1 % ICS-Monotherapie und in 3,2 % der F älle e ine D reifachtherapie m it I CS/ LABA/LAMA verordnet wurde.
Die Einschätzung der Ärzte war eindeutig: Die Kombination ICS/LABA ist der Monotherapie mit ICS signifikant überlegen, und besonders schwere Fälle profitieren von einer Triple-Therapie. Gefordert wurde eine dreiarmige doppelblinde Studie (ICS vs. ICS/LABA vs. ICS/LABA/LAMA) über sechs Monate bei frühkindlichem Asthma, um die Leitlinien evidenzbasiert der modernen Versorgungswirklichkeit anzupassen.
 
Ein Blick über den Tellerrand ...
 
Pneumo meets Nephrologie – das Symposium unter dem Vorsitz von Prof. Stefan Andreas, Immenhausen, befasste sich mit peripheren Ödemen bei Patienten mit schwerer Lungenerkrankung. Die Diagnostik eines Lungenödems bzw. einer Linksherzinsuffizienz ist bei COPD-Patienten äußerst schwierig, die Auskultation oftmals nicht hilfreich. Zur diuretischen Therapie bei COPD gibt es kaum kontrollierte Studien. Schleifendiuretika wie Furosemid und Torasemid sind die wichtigsten Therapieoptionen, oftmals müssen Präparate kombiniert werden, z. B. mit Spironolacton oder Hydrochlorothiazid.
 
Wer E-Zigarette raucht, ist keineswegs abstinent
 
Für Menschen, die das Rauchen aufgeben möchten, bieten E-Zigaretten keinen „sanften Ausstieg“ aus der Sucht. Eine aktuelle Studie im New England Journal of Medicine an 886 Rauchern untersuchte, ob E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung besser helfen als Nikotinersatzprodukte wie zum Beispiel Kaugummis oder Pflaster. Darin kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass der Umstieg auf die E-Zigarette der erfolgreichere Ansatz sei: Nach einem Jahr waren doppelt so viele Studienteilnehmer abstinent wie mit Nikotinkaugummi und Co.
Prof. Stefan Andreas, Göttingen, sieht den Sachverhalt anders: „Wer E- Zigaretten raucht, ist keineswegs abstinent – er ersetzt lediglich die eine Abhängigkeit durch eine andere.“ So zeigen die Studienergebnisse, dass 80 % der E-Zigarettenraucher, denen es gelungen war, auf Tabakzigaretten zu verzichten, nach einem Jahr immer noch regelmäßig E-Zigaretten inhalierten. Dagegen nutzten nur 9 % derjenigen, die Pflaster und Co. verwendeten, diese Produkte ein Jahr später auch weitherhin – ein deutliches Ergebnis!
Andere Studien zeigen, dass eine Raucher- Entwöhnung mit E-Zigaretten die Chancen, tatsächlich mit dem Rauchen aufzuhören, sogar verringern kann. Nach einer Metaanalyse von 38 Studien war die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Raucher-Entwöhnung mit E-Zigaretten um 28 % niedriger als ohne (Kalkhoran S et al, Lancet Respir Med 2016). VW
ICD-Codes: J44.9

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