Aktuelles vom Fortbildungskolleg

Praxis-Depesche 7/2021

Praxistipps zu Schilddrüsenerkrankungen, Mykosen und Hämorrhoidalleiden

Fortbildungen für Hausärzte werden regelmäßig bei den Veranstaltungen des Fortbildungskollegs angeboten. Im Mittelpunkt der online-Veranstaltung vom Mai 2021 standen relevante Krankheitsbilder der täglichen Praxis.
Mykosen der Nägel und der Haut: Geduld und gute Therapeutika
Nagelpilz: Jeder Zweite über 65 ist betroffen, inzwischen auch Kinder und Jugendliche. Ein verlangsamtes Nagelwachstum und kalte Füße bei Älteren, enge Schuhe, Schweiß, Druck bei Sportlern sowie Durchblutungsstörungen (z. B. bei Diabetes) sind prädisponierende Faktoren für eine Onychomykose. Zehenzwischenräume und Fußsohlen sollte man daher immer genau inspizieren. Für die Diagnostik werden Späne der betroffenen Nägel oder Hautschuppen verdächtiger Areale verwendet, und damit eine Kultur angelegt. Zu den Differenzialdiagnosen zählen Nagelpsoriasis, Neurodermitis, angeborene oder erworbene Nagelwachstumsstörungen, Lichen ruber planus oder medikamentös bedingte Veränderungen. „Die betroffenen Nagelpartien müssen zuerst vollständig entfernt werden, beispielsweise mit 40%-igem Harnstoff plus Bifonazol über ein bis zwei Wochen – dies ist daheim leicht durchführbar“, so Dr. Ulrike Gunkel, Berlin. „Anschließend wird das Areal weiter topisch behandelt, z. B. mit Bifonazol als Spray bzw. Creme, 1 x täglich aufgetragen, bis ein vollständig gesunder Nagel nachgewachsen ist – das kann bei Zehennägeln bis zu einem Jahr dauern.“ Eine hartnäckige Mykose sollte zusätzlich mit einer systemischen Therapie in Angriff genommen werden. Die Indikation dafür besteht bei Befall von mehr als drei Nägeln, der Nagelmatrix oder wenn sich der Pilz zusätzlich auf große Hautareale ausgebreitet hat. Aufgrund seiner guten Verträglichkeit ist Itraconazol Substanz der Wahl bei Kindern und jungen Erwachsenen, bei älteren, multimorbiden Patient:innen sollte bevorzugt Terbinafin eingesetzt werden.
 
Dr. Ulrike Gunkel: „Mykosen der Nägel und der Haut – schwierig aber heilbar“
 
Proktologische Basistherapie bei akuten Hämorrhoidalleiden
Die Hemmschwelle, mit seinem Leiden einen Arzt aufzusuchen, wird mit zunehmender Symptomatik geringer: Auf den Juckreiz folgt die Schwellung und wenn Schmerz und Blutung hinzukommen, wird der Gang zum Arzt wahrscheinlicher, so Dr. Markus Völl, Hannover. „Durch eine proktologische Basistherapie mit Stuhlgangregulierung sowie Schulung des Stuhlentleerungs- und Hygieneverhaltens lassen sich viele proktologische Probleme lösen“, empfiehlt Völl. Beim akuten Hämorrhoidalleiden zählt die rasche Linderung, später steht die Abheilung der gereizten Haut im Vordergrund. „Die Anwendung von Hämorrhoidensalben und -suppositorien sollte jedoch immer nur eine symptomatische Therapie sein.“ Zunächst steht die rasche „Erste Hilfe“ im Vordergrund, um die drängenden Symptome zu lindern. Nach dem Abklingen der Akutsymptome wird dann zunehmend wichtig, dass die Abheilung zuverlässig gefördert wird. Im Idealfall sollte so auch die beschwerdefreie Zeit verlängert werden. Zum Stichwort „Blutspuren“ vertritt Völl eine klare Meinung: „Blutspuren sind nicht gleich Blutspuren und sollten deshalb besonders hinterfragt werden. Blutspuren am Toilettenpapier können hilfreich bei der Diagnostik sein.“ So stehen Blutspuren auf Toilettenpapier für Hämorrhoidalleiden, ein Ekzem oder Analfissuren, Blutspritzer in der Toilette können jedoch auch auf eine perforierte Perianalvenenthrombose hinweisen. Ist das Blut jedoch mit Schleim vermischt bzw. der Stuhlgang mit Blut vermengt, könnten Polypen, Divertikel oder ein Karzinom der Grund sein. Hier ist eine endoskopische Diagnostik erforderlich, rät Völl. VW
 
Dr. Markus Völl, Hannover: „Proktologie im Praxisalltag“
 
Wichtig: die richtige Therapie bei Schilddrüsenerkrankungen
„Für TSH-Referenzwerte gibt es keinen Verhandlungsspielraum, die Etablierung erfolgt nach klaren Vorgaben. Doch die Werte müssen der Jodversorgung Rechnung tragen, Normwerte nicht unkritisch übernommen werden“, so die Meinung von Prof. Henri Wallaschofski, Erfurt. Der umfassende Vortrag zu Diagnostik und Therapie von Schilddrüsenerkrankungen wurde durch eine lebhafte Fragerunde vervollständigt:
  • Sollte man zwischen letzter L-Thyroxin-Einnahme und der TSH-Bestimmung eine 24-stündige Pause verordnen? „Nein – der Feedback-Mechanismus durch TSH ist etwas träge, deshalb macht es keinen Sinn, 24 Stunden vorher zu pausieren.“
  • Stichwort Substitutionstherapie: „Bitte kontrollieren Sie die Werte nicht zu früh, sondern erst mit einem Abstand von sechs bis acht Wochen zu Therapiebeginn, da es Zeit benötigt, um ein Gleichgewicht im Körper herzustellen. Die Ausnahme bildet eine Schwangerschaft, hier sollten die Werte alle vier bis sechs Wochen überprüft werden.“
  • Eine Patientin mit ausgebrannter Thyreoditis, die mit L-Thyroxin substituiert wurde – wie soll man bei einer Kontrolle mit Kontrastmittelgabe verfahren? „Ich würde über einige Tage vor der Untersuchung L-Thyroxin reduzieren oder auslassen und anschließend die Therapie wieder neu einstellen.“

Abschließend gab es einige wichtige Tipps mit auf den Weg: „Allen Schwangeren sollte eine Jodsupplementation angeboten werden; eine Dauertherapie mit Levothyroxin (LT4) bei Struma nodosa sollte nicht durchgeführt werden. Ein Ultraschall-Screening auf Schilddrüsenveränderungen bei älteren Menschen ist laut Wallaschofski obsolet. VW

Prof. Henri Wallaschofski: „Schilddrüse für die Praxis“
ICD-Codes: I84.9 , E03.9

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