Nicht-erbliches Angioödem

Praxis-Depesche 3/2018

Prompt wirkende Therapien

Angioödeme kommen oft im Rahmen einer Urtikaria-Erkrankung vor, aber auch isoliert. Die nicht-erbliche Form kann eine Nebenwirkung von ACE-Hemmern sein. Bei dieser wie der idiopathischen Variante können die Symptome mit verschiedenen Substanzen rasch gebessert werden.

Nicht-erbliche Angioödeme mit normalem C1-Esterase-Inhibitor (C1INH) können durch Bradykinin oder durch Histamin ausgelöst werden, oder sie können einen unbekannten Pathomechanismus haben.
In Notfall-Ambulanzen stellen Antihistaminika und Kortikosteroide, in lebensbedrohlichen Situationen auch Adrenalin, die Standardmedikamente bei akutem Angioödem dar. Zur Prophylaxe werden Antihistaminika der zweiten Generation eingesetzt; damit erreicht man allerdings nicht immer Symptomfreiheit. Bei Angioödem durch ACE-Hemmer sind die üblichen Ansätze nicht wirksam.
Schwieriger ist die Therapie von Angioödemen, die auf konventionelle Therapie nicht ansprechen. Diesbezüglich wurde in Studien zu akuten Angioödem-Attacken Icatibant untersucht (die Substanz hat eine ähnliche Struktur wie Bradykinin und unterdrückt dessen Wirkung), außerdem ein C1-Esterase-Inhibitor (dessen Fehlen ist die Ursache einer bestimmten Form von Angioödem), Tranexamsäure (ein Hemmer der Fibrinolyse, der auch gegen hereditäres Angioödem eingesetzt wird), Fresh Frozen Plasma (FFP; man ersetzt damit u. a. auch C1INH) oder Ecallantid (ein Hemmer von Kallikrein). Zur Prophylaxe wurden mit Erfolg Omalizumab (monoklonaler Antikörper gegen IgE), Tranexamsäure, C1INH, Progesteron und Methotrexat eingesetzt.
 
Seltener Sonderfall
 
Ein Sonderfall ist das durch ACE-Hemmer ausgelöste Angioödem. In qualitativ hochwertigen Studien waren die Ansprechraten auf Ecallantid allerdings nicht signifikant höher als auf Plazebo. In weniger hochwertigen Studien wurde über einen Erfolg mit Icatibant, C1INH, Tranexamsäure und FFP berichtet. Bei FFP befürchtet man aber, dass damit akute Attacken verschlimmert werden könnten, weil das Plasma auch Substanzen wie Präkallikrein und hochmolekulares Kininogen enthält, die die Synthese von Bradykinin fördern.
Die Behandlung des therapierefraktären Angioödems durch ACE-Hemmer orientiert sich an der Therapie des hereditären Angioödems, da diese Form vermutlich durch Bradykinin vermittelt wird. In vielen Fällen werden unter C1INH die Symptome binnen einer Stunde gelindert; die Resultate sind denen bei Attacken von hereditärem Angioödem vergleichbar. Auch Icatibant, Tranexamsäure und FFP bewirken eine Besserung oft innerhalb von zwei Stunden.
Bei Angioödem mit Quaddeln (chronische spontane Urtikaria) war die Gabe von Omalizumab die einzige beschiebene Option nach Versagen von konservativer Therapie. Zur Prophylaxe bei idiopathischem Angioödem mit oder ohne Urtikaria erwiesen sich Omalizumab, Tranexamsäure und C1INH als wirksame, gut verträgliche Medikationen.
 
Fragen bleiben
 
Abgesehen von Omalizumab haben alle erwähnten Therapien bei chronischer spontaner Urtikaria derzeit weltweit Off-label-Status. Welche Patienten von den einzelnen Optionen am meisten profitieren, ist weitgehend unbekannt. Bisher zeigte sich ein positiver Effekt auf C1INH auch bei Patienten, die auf Icatibant oder FFP nicht ansprachen. Andererseits profitierten Patienten mit ACE-Hemmer-induziertem oder idiopathischem Angioödem nicht von C1INH, aber von Icatibant oder Tranexamsäure. Nur ein kleiner Teil der Quellen ließ sich zu Nebenwirkungen der Therapie aus. Wo solche aufgeführt wurden, waren sie selten, in der Regel geringgradig und selbstlimitierend. WE
Quelle:

van den Elzen M et al.: Efficacy of treatment of non-hereditary angioedema. Clinic Rev Allerg Immunol 2018; 54: 412-31

ICD-Codes: T78.3

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